Die Seemannsbraut: Sir Richard und die Ehre der Bolithos - Kent Alexander (книги полностью бесплатно txt) 📗
Parris, der die beiden vielleicht zum erstenmal begriff, nickte.»Ihr seid zu beneiden.»
Allday schlenderte gemachlich zur Balustrade, von der aus er den gro?ten Teil der Reede uberblicken konnte. Der Seegang wurde zusehends grober. Er bi? in einen Apfel, den ihm der Koch des Hafenkommodore gegeben hatte. Der hatte einen verdammt guten Job.
Er sah, wie das gro?e Boot von der Anlegebrucke Abstand hielt, um sich nicht die Farbe abzuscheuern; denn der unruhige Wellenschlag uberspulte schon die Steinstufen. Just als er glaubte, die Dinge wurden sich arrangieren, schien sich fur Bolitho alles verschlechtert zu haben. Die verdammten Weiber! Das hatte er auch zu Ozzard gesagt, als sie im Triumph mit dem Schatzschiff zuruckgekehrt waren. Der hatte widersprochen, worauf Allday mude und argerlich entgegnete:»Was, zum Teufel, wei?t du denn schon? Du warst niemals verheiratet!«Das aber hatte den kleinen
Mann derma?en aufgeregt, da? sich Allday genotigt sah, ihm zur Versohnung eine seiner wertvollen Knochenschnitzereien zu schenken.
Er warf das Apfelgehause ins sonnverbrannte Gras und wollte gehen. Da sah er sie auf der Terrasse stehen und ihn mit einem jener Blicke bedenken, die einen Eisblock schmelzen lassen konnten. Wahrend er noch gaffte, kam sie naher und fragte:»Erinnerst du dich nicht an mich? Du bist doch Allday.»
Allday erwiderte vorsichtig:»Naturlich erinnere ich mich an Sie, Madam. Keiner konnte vergessen, was Sie damals fur den Admiral getan haben.»
Sie uberhorte das Unausgesprochene in seinen Worten.»Ich brauche deine Hilfe. Willst du mir vertrauen?»
Allday fuhlte sein Widerstreben schwinden. Sie bat ihn, ihr zu vertrauen! Ihr, der Frau des machtigen Generalinspekteurs, eines Mannes, vor dem man sich sehr in acht nehmen mu?te, wenn auch nur die Halfte von dem stimmte, was man sich uber ihn erzahlte. Aber sie hatte den ersten Schritt getan. Sie war es, die das Risiko einging.
Er lachelte schwach. Eine richtige Seemannsbraut.»Ich vertraue Ihnen.»
Sie kam naher, und Allday bemerkte das hastige Atmen ihrer Brust unter dem feinen Stoff. Sie ist keineswegs so kuhl und gelassen, wie sie scheinen mochte, dachte er.
«Vizeadmiral Bolitho ist nicht er selbst. «Sie zogerte; vielleicht war sie schon zu weit gegangen? Alldays Lacheln war wie weggewischt, in den Augen des gro?en Mannes stand plotzlich Feindschaft.
«Ich — ich mochte ihm helfen, wei?t du. «Ihre Lippen zuckten.»Um Gottes willen, Allday, mu? ich erst bitten? Was fehlt ihm?»
«Tut mir leid, Madam, wir haben neuerdings eine Menge Feinde, daher. «Allday gewann seine Sicherheit zuruck. Was konnte ihm schon passieren? Also sagte er nach kurzem Uberlegen:»Er ware beinahe erblindet. «Trotz des hei?en Windes wurde ihm eiskalt, aber nun konnte er nicht mehr zuruck. Er schlo?:»Er furchtet, da? er die Sehkraft seines linken Auges verliert.»
Sie starrte Allday an und sah das schlimme Bild wieder vor sich: Er hatte in die Sonne geblickt, als sie hinzukam. Dabei hatte er so niedergeschlagen, so verloren ausgesehen, da? sie ihn gern in ihre Arme genommen hatte, ungeachtet ihrer Sicherheit, ja ihres Lebens, wenn sie ihn nur wenige Augenblicke hatte trosten konnen. Sie rief sich seine Stimme ins Gedachtnis zuruck, die Art, wie er sie angeschaut hatte, ohne sie zu erkennen, und flusterte:»O mein Gott!»
Allday fuhr fort:»Vergessen Sie nicht, Madam, ich habe Ihnen nichts erzahlt. So wie die Dinge liegen, stecke ich bei ihm oft genug bis zum Hals in hei?em Wasser, ohne da? Sie es noch anzuheizen brauchen. «Er hielt inne, von ihrem Schmerz geruhrt, der sie alle Haltung verlieren lie?.»Aber wenn ich helfen kann. «Er brach ab und beruhrte ehrerbietig seinen Hut. Dabei wisperte er heiser:»Ihr Mann kommt uber die Kimm, Madam, ich mu? gehen!»
Dann verschwand er mit gro?en Schritten, eine kernige Gestalt in flatternder blauer Jacke und Nankinghose, narbenbedeckt und so schwer blessiert, da? man es seinem schlichten Gesicht ansah. Aber trotz allem so sanft und liebevoll, da? sie um ihn, um alle seinesgleichen, hatte weinen konnen.
Ihr Mann wollte nicht zu ihr, sie sah ihn mit dem Leutnant namens Parris uber die Terrasse gehen. Als sie zum Hafen hinunterschaute, war es Allday, der sich nach ihr umdrehte und seinen Hut luftete: nur eine kleine Geste, und doch zeigte sie ihr, da? er sie als Verbundete akzeptierte.
Die Hangelampen in der gro?en Kajute der Hyperion beschrieben wilde Spiralen und warfen irre Schatten auf den karierten Bodenbelag und die festgezurrten Neunpfunder zu beiden Seiten.
Bolitho nippte an einem Glas Wei?wein und wartete, wahrend Yovell ein weiteres Schreiben beendete und es ihm uber den
Tisch zur Unterschrift hinschob. Wie Schauspieler auf einer Buhne, dachte er, als Ozzard geschaftig die Glaser nachfullte und Allday, der keinen Text zu sprechen hatte, wie ein Statist kam und ging.
Kapitan Haven stand bei den halb abgeblendeten Heckfenstern. Man hatte sie vorsorglich geschutzt, weil der in der Dunkelheit noch bedrohlicher wirkende Wind Gischt uber die ankernden Schiffe wehte. Bolitho fuhlte, wie das ganze Schiff erzitterte, wenn es ins Ankertau einruckte.
Haven beendete seinen Bericht mit den Worten:»Das ist alles, was ich zu bemerken habe. Der Zahlmeister ist mit der Versorgung zufrieden, und mit einer Ausnahme sind alle Arbeitsgruppen von Land abgezogen worden. «Er sprach so uberlegt wie ein Schuler, der vor seinem Lehrer eine schwierige Lektion wiederholt.»Es ist mir auch gelungen, die drei Boote zu ersetzen, allerdings mu? noch einiges an ihnen getan werden.»
Ein versteckter Hinweis, da? es sein Admiral gewesen war, der sie verloren hatte. Aber Haven hutete sich, seine wahren Gefuhle zu offenbaren.
«Wer fuhrt die letzte Arbeitsgruppe an?»
Haven uberflog eine Liste.»Der Erste Leutnant, Sir Richard.»
Nach ihrem kurzlichen Zusammensto? nannte er ihn immer bei seinem Titel. Bolitho schwenkte den Wein im Glas. Gut denn, wenn er es so haben wollte? Haven war ein Narr, er hatte wissen sollen, da? sein Admiral wie jeder andere Flaggoffizier seine Karriere fordern oder zerstoren konnte. Oder war das seine Art, Bolithos Sinn fur Fairne? auszunutzen?
Yovell schaute uber seine Stahlbrille.»Bitte um Verzeihung, Sir Richard, aber soll die Order an die Obdurate in diesem Wortlaut abgehen?»
Bolitho lachelte schwach.»Sie soll. «Er brauchte ihn nicht daran zu erinnern. Der Text lautete kurz und bundig:»Es wird Ihnen dringend befohlen, sofort auslaufbereit zu sein!»
Kapitan Robert Thynne, der Kommandant ihres einzigen Vierundsiebzigers, mochte denken, was er wollte. Aber die
Obdurate wurde jetzt mehr denn je gebraucht. Die Fahrzeuge mit dem spanischen Schatz waren durch die gefahrlichen Gewasser zu eskortieren, bis sie auf Sir Peter Folliots Geschwader stie?en oder genugend freien Seeraum erreicht hatten, um fur sich selbst zu sorgen. Bolitho hatte lieber gewartet, bis sein eigenes kleines Geschwader eintraf, aber der Wetterumschlag verzogerte dies.
Er trat beiseite und massierte im milden Licht der Laternen sein Auge. Seit dem torichten Test mit dem Sonnenlicht schmerzte es. Oder bildete er sich das blo? ein? Jedenfalls war er froh, wieder an Bord seines alten Schiffes zu sein. Somervell hatte das angedeutet, als Bolitho sich verabschiedete.
Der Generalinspekteur hatte erklart, da? auch er und seine Frau nach dem Abgang des Goldtransports die Insel verlassen wurden. An Bord eines gro?en Indienfahrers, den man taglich erwartete. Personlicher Komfort wurde bei Somervell gro?geschrieben. Bolitho bekam die andere Seite des Mannes zu sehen, als er ihn bat:»Ich wurde mich gern auch von Lady Somervell verabschieden.»
«Unmoglich. Sie ist nicht mehr hier. «Somervell war seinem Blick herausfordernd begegnet. Bolitho konnte sich gut vorstellen, wie die gleichen kalten Augen bei Tagesanbruch uber den Lauf einer Duellpistole zielten. Allerdings wu?te man, da? er fur derartige Abrechnungen den Degen vorzog.