Mauern aus Holz, Manner aus Eisen: Admiral Bolitho am Kap der Entscheidung - Kent Alexander (е книги txt) 📗
«Dem Commodore geht es nicht gut, Sir Richard«, antwortete Varian.»Er hatte meines Erachtens kein Kommando mehr, wenn.»
«Sie haben also als dienstaltester Kapitan die gesamte Verantwortung fur die Begleitschiffe ubernommen?»
«Ich habe einen ausfuhrlichen Bericht daruber geschrieben, Sir Richard.»
«Den werde ich lesen, sobald ich Zeit dazu habe. «Bolitho hob die Hand.»Ich will, da? wir Kapstadt fruher angreifen. Die Zeit ist entscheidend. Darum sind wir so schnell gesegelt. «Das traf Varian.»Also werden unsere beiden Schiffe sofort zum Geschwader sto?en. Ich mochte Commodore Warren unverzuglich sprechen.»
Er stand auf und sah aus dem Heckfenster. Die Wellenkamme krauselten sich im Wind wie wei?e Spitzen. Das Schiff hob sich ungeduldig.
Varian versuchte Haltung zu bewahren.»Und wo bleiben die anderen uns versprochenen Schiffe, Sir Richard?»
«Es gibt keine anderen Schiffe und wird auch keine geben. Ich mu? sogar einige der hiesigen Einheiten sofort nach England in Marsch setzen.»
«Ist etwas Schlimmes passiert, Sir Richard?»
«Im Oktober hat unsere Flotte unter Lord Nelson den Feind bei Trafalgar besiegt«, sagte Bolitho leise.
Varian schluckte trocken.»Das wu?ten wir nicht, Sir Richard. «Fur einen Moment verlor er die Kontrolle.»Ein Sieg! Mein Gott, was fur eine wunderbare Nachricht!»
Bolitho zuckte mit den Schultern.»Aber der tapfere Lord Nelson ist dabei gefallen. Der Sieg war also zu teuer erkauft.»
Es klopfte, Poland trat ein. Die Kapitane musterten einander, nickten sich zu wie alte Freunde. Doch Bolitho spurte, da? sie Welten trennten.
«Der Wind frischt auf aus Nordwest, Sir Richard. «Poland sah Varian nicht wieder an.»Und Zests Beiboot hangt immer noch an den Gro?rusten in Luv.»
«Bis demnachst, Kapitan Varian. «Bolitho streckte die Hand aus und erganzte etwas freundlicher:»Wir blockieren noch immer alle feindlichen Hafen, Sir. Das ist lebenswichtig fur unser Land und mu? auch so bleiben. Aber trotz des ermutigenden Siegs von Trafalgar ist unsere Flotte geschwacht.»
Die Tur fiel hinter den beiden Kapitanen zu, und Bolitho horte das Schrillen der Pfeifen, als Varian von Bord ging.
Unruhig lief Bolitho in seiner Kajute auf und ab und erinnerte sich an seine letzte Besprechung in der Admiralitat in London.
Admiral Sir Owen Godschale hatte ihm erlautert, warum Eile geboten war. Zwar war die vereinigte franzosischspanische Flotte geschlagen, aber der Krieg noch lange nicht gewonnen. Es gab Berichte, wonach mindestens drei kleine franzosische Geschwader die Blockade durchbrochen hatten und in den Weiten des Atlantiks verschwunden waren. War es Napoleons neue Strategie, abgelegene Hafen und einsame Inseln zu uberfallen, Versorgungsschiffe aufzubringen und Handelswege zu bedrohen? Gab es keine Ruhe fur die Englander, wahrend die Franzosen ihre neue Flotte aufbauten?
Godschales verachtliche Einschatzung der franzosischen Kriegsmarine argerte Bolitho. Ein Geschwader, das aus Brest ausgebrochen war, hatte der erfahrene alte Vizeadmiral Leissegues gefuhrt, und sein Flaggschiff, die Imperial, hatte 120 Kanonen. Das war also gewi? keine Lappalie, wie Sir Owen meinte.
Die Franzosen hatten sicher Kapstadt im Auge, und was sie mit einer Eroberung der Stadt erreichen wurden, konnte man sich leicht vorstellen. Dann konnten sie wie mit einer Axt Englands Handelswege nach Indien und Ostasien kappen.
Bolitho erinnerte sich, wie kuhl Godschale zu ihm gewesen war. Der Admiral war zur selben Zeit wie er in die Marine eingetreten, sie waren also dem Dienstalter nach gleich. Aber vielleicht wollte Godschale wie so viele andere, moglicherweise sogar auf Betreiben Belindas, Catherine und ihn trennen. Oder liebte der Admiral seine neue Macht so sehr, wie er Skandale ha?te? Es hie?, Godschale strebe einen Sitz im Oberhaus an.
Catherines Worte klangen ihm wieder im Ohr:»Begreifst du nicht, was sie uns antun?»
Vielleicht war dieser Auftrag nur ein Anfang. Jeder in London wu?te, wie Bolitho eine Aufgabe anging: furchtlos, ohne Zogern und ohne Rucksicht auf das, was zu Hause geschah. Wollte man ihm eine Falle stellen?
Er trat vor den alten Familiendegen an der Wand. Er sah schabig aus, verglichen mit der prunkvollen Prasentierwaffe darunter. Aber so viele Bolithos vor ihm hatten die alte Waffe gefuhrt und waren manchmal sogar mit ihr gefallen. Keiner seiner Vorfahren hatte sie kampflos gestreckt. Das machte Bolitho zuversichtlich, und er lachelte grimmig, als Allday eintrat.
«Jetzt ist die Nachricht uber Lord Nelsons Tod im Geschwader rum, Sir. Das wird manchem den Mut nehmen. «Er deutete auf das afrikanische Festland.»Dafur zu kampfen lohnt sich nicht, werden sie sagen. Ja, wenn man zwischen den Franzosen und England stunde.«»Mit solch knorrigen alten Eichen wie dir werden sie schon wieder Mut fassen«, antwortete Bolitho.
«Au?erdem wette ich, da? sich zwei gewisse Kapitane bald in den Haaren liegen«, grinste Allday.
Bolitho musterte ihn forschend.»Verdammt noch mal, was wei?t du noch, du alter Fuchs?»
«Nicht viel im Augenblick, Sir Richard. Nur da? unser Kapitan Poland fruher mal Erster Offizier bei diesem anderen Kapitan war.»
Bolitho schuttelte den Kopf. Nur mit Allday konnte er freimutig uber alles reden. Die anderen erwarteten von ihm nur Fuhrung und sonst nichts.
Allday nahm den Degen von der Wand und wickelte ihn in ein Tuch.»Ich sag' ja immer, Sir Richard, achtern finden Sie zwar die meiste Ehre, aber vorn die besseren Manner. Und dabei bleibt's.»
Als Allday gegangen war, setzte sich Bolitho und offnete sein Tagebuch. Darin lag der Brief an Catherine, den er begonnen hatte, als England in Dunst und Regen achteraus verschwunden war — zu Beginn der langen Reise. Ob sie diesen Brief je lesen wurde, konnte er erst wissen, wenn sie wieder in seinen Armen lag. Er beugte sich vor und beruhrte das Medaillon unter seinem frischen Hemd.
Wieder ein Morgen, liebste Kate, und ich sehne mich so nach dir … Er schrieb noch immer, als das Schiff uber Stag ging und der Ausguck im Masttopp das versammelte Geschwader meldete.
Mittags ging er an Deck und spurte die Sonne wie Feuer im Gesicht. Seine Schuhe blieben am aufgeweichten Teer kleben, der aus den Ritzen der Planken quoll. In seinem Teleskop sah er braunrote und rosa Berge unter dem harten, glitzernden Licht liegen. Die Sonne glei?te wie poliertes Silber und sog alle Farbe aus dem Himmel. Er bewegte das Glas, fing den Schwell darin ein, der das Schiff anhob und an beiden Seiten vorbeirauschte. Das also war der Tafelberg: ein dunkler Klotz in geheimnisvollem Dunst, drauend wie ein riesiger Altarstein.
Zu seinen Fu?en ankerten die Schiffe. Er musterte eins nach dem anderen. Der altere Vierundsechziger Themis war Commodore Warrens Flaggschiff. Warren war krank. Aber wie schwer? Er hatte Varian nicht weiter ausgefragt, wollte nicht Untergebenen gegenuber unsicher erscheinen, die ihm bald ruckhaltlos vertrauen mu?ten.
Eine zweite Fregatte, einige Schoner und zwei Versorger bildeten den Rest, der Kern der Flotte lag weiter im Nordwesten sicher vor Anker, weit genug von Land entfernt. Hier gab es nur eine kleine flache Bank, auf der man ankern konnte. Hinter der Hundert-FadenLinie fiel der Grund steil ab in schwarze Tiefen.
Licht spiegelte sich druben in Teleskoplinsen, und Bolitho wu?te, da? man die Truculent uberrascht beobachtete, ihr langsames Naherkommen unter der Admiralsflagge im Vortopp. Kapitan Poland trat neben ihn.
«Rechnen Sie mit einem langen Feldzug, Sir Richard?«fragte er. Sein Ton war uberaus hoflich. Sicher wollte er gern wissen, was Bolitho und Varian in der Kajute besprochen hatten.
Bolitho lie? das Teleskop sinken und sah Poland an.»Ich hatte gelegentlich mit dem Heer zu tun, Kapitan. Die mogen Feldzuge, ich nicht. Eine Seeschlacht ist schnell vorbei, man siegt oder streicht die Flagge. Langwierige Nachschubprobleme und endlose Marsche sind nichts fur mich.»