Harry Potter und der Feuerkelch - Rowling Joanne Kathleen (книги без регистрации txt) 📗
Onkel Vernon lie? einen tiefen Seufzer vernehmen, der seinen ausladenden, buschigen Schnurrbart erzittern lie?, und nahm den Loffel zur Hand.
Jemand lautete an der Tur. Onkel Vernon wuchtete sich hoch und ging hinaus in den Flur. Wahrend sich Tante Petunia am Teekessel zu schaffen machte, stibitzte Dudley blitzschnell Onkel Vernons restliche Grapefruit.
Harry horte Stimmen an der Haustur, ein Lachen und eine barsche Entgegnung Onkel Vernons. Dann fiel die Tur ins Schlo? und vom Flur kam das Gerausch zerrei?enden Papiers.
Tante Petunia stellte die Teekanne auf den Tisch und sah sich verdutzt nach Onkel Vernon um; sie mu?te nicht lange warten, denn kurz darauf erschien er mit zornrotem Gesicht.
»Du«, blaffte er Harry an.»Ins Wohnzimmer. Sofort.«
Verdutzt und ohne die geringste Ahnung, was zum Teufel er diesmal wieder verbrochen haben sollte, erhob sich Harry und folgte Onkel Vernon ins Zimmer nebenan. Onkel Vernon schlug die Tur hinter ihnen zu.
»So«, sagte er, marschierte hinuber zum Kamin, wandte sich um und fixierte Harry, als wolle er ihn auf der Stelle verhaften.»So.«
Harry hatte am liebsten»Na was denn«gesagt, doch er wollte Onkel Vernons Gemutsverfassung so fruh am Morgen lieber nicht auf die Probe stellen, da sie durch Mangel an Nahrung ohnehin stark belastet war. So versuchte er ein wenig verwirrt auszusehen.
»Das hier ist gerade angekommen«, sagte Onkel Vernon. Er fuchtelte mit einem Blatt purpurroten Schreibpapiers in Harrys Richtung.»Ein Brief. Betrifft dich.«
Harry war nun tatsachlich verdutzt. Wer sollte seinetwegen an Onkel Vernon schreiben? Wen kannte er, der Briefe mit der normalen Post schickte?
Onkel Vernon starrte Harry zornig an, dann hob er den Brief und begann laut vorzulesen.
Liebe Mr und Mrs Dursley,
wir wurden einander nie vorgestellt, doch ich bin sicher, Sie haben von Harry eine Menge uber meinen Sohn Ron gehort. Wie Harry Ihnen vielleicht gesagt hat, findet nachsten Montagabend das Finale der Quidditch-Weltmeisterschaft statt, und mein Mann Arthur hat es soeben geschafft, uber seine Beziehungen zur Abteilung fur Magische Spiele und Sportarten noch ein paar Karten zu besorgen.
Ich hoffe doch, da? Sie uns gestatten, Harry mit zum Spiel zu nehmen, denn ein solches Ereignis darf man sich keinesfalls entgehen lassen; England ist zum ersten Mal seit drei?ig Jahren wieder Gastgeberland und Karten sind kaum noch zu bekommen. Naturlich wurden wir uns freuen, wenn Harry fur die restlichen Sommerferien bei uns bleiben konnte. Wir werden ihn dann zum Zug begleiten, der ihn zuruck in die Schule bringt.
Am besten schickt Harry uns Ihre Antwort auf dem ublichen Wege, denn der Muggelbrieftrager hat bei uns noch nie etwas eingeworfen, und ich bin mir nicht mal sicher, ob er wei?, wo unser Haus ist.
In der Hoffnung, Harry bald zu sehen, und mit freundlichen Gru?en Molly Weasley
PS: Ich hoffe doch, wir haben genug Marken draufgeklebt.
Onkel Vernon verstummte, schob die Hand in die Brusttasche und zog noch etwas hervor.
»Sieh dir das an«, knurrte er.
Er hob den Umschlag hoch, in dem Mrs Weasleys Brief gekommen war. Harry mu?te sich einen Lachanfall verkneifen. Der Umschlag war uber und uber mit Briefmarken beklebt, mit Ausnahme eines kleinen Quadrats auf der Vorderseite, in das Mrs Weasley in Winzschrift die Adresse der Dursleys hineingekritzelt hatte.
»Na also, hat doch gereicht mit den Briefmarken«, sagte Harry, ganz so, als ob Mrs Weasleys Fehler jedem unterlaufen konnte. Onkel Vernons Augen blitzten.
»Der Brieftrager war sehr interessiert«, sagte er mit zusammengebissenen Zahnen.»Wollte unbedingt wissen, wo dieser Brief herkommt. Deshalb hat er auch gelautet. Hielt es offenbar fur komisch.«
Harry sagt nichts. Andere Menschen mochten nicht verstehen, warum Onkel Vernon einen solchen Aufstand wegen ein paar uberzahliger Briefmarken machte, doch Harry lebte nun lange genug bei den Dursleys, um zu wissen, wie gereizt sie auf alles reagierten, was auch nur ein wenig neben der Spur lag. Ihre schlimmste Befurchtung war, jemand konnte herausfinden, da? sie (wie entfernt auch immer) mit Leuten wie Mrs Weasley in Verbindung standen.
Onkel Vernen starrte Harry immer noch zornfunkelnd an, wahrend Harry versuchte eine arglose Miene aufzusetzen. Wenn er jetzt nichts Dummes tat oder sagte, dann stand ihm vielleicht die tollste Zeit seines Lebens bevor. Er wartete darauf, da? Onkel Vernon den Mund aufmachte, doch Onkel Vernon starrte ihn nur unverwandt an. Harry beschlo?, die Stille zu durchbrechen.
»Und – darf ich gehen?«, sagte er.
Ein fluchtiges Zucken huschte uber Onkel Vernons breites, purpurnes Gesicht. Der Schnurrbart straubte sich. Harry glaubte zu wissen, was hinter dem Schnurrbart vor sich ging: ein erbitterter Kampf zwischen zwei der starksten Antriebe Onkel Vernons. Wenn er Harry erlaubte zu gehen, wurde er ihn glucklich machen, und dagegen hatte Onkel Vernon sich seit dreizehn Jahren gewehrt. Wenn Harry jedoch fur den Rest der Ferien zu den Weasleys verschwand, war er ihn zwei Wochen fruher los, als er gehofft hatte, und Onkel Vernon konnte es nicht ausstehen, wenn Harry im Haus war. Offenbar um sich ein wenig Zeit zum Nachdenken zu verschaffen, betrachtete er noch einmal Mrs Weasleys Brief.
»Wer ist diese Frau?«, fragte er und starrte voller Abscheu auf die Unterschrift.
»Du hast sie schon mal gesehen«, sagte Harry.»Sie ist die Mutter meines Freundes Ron, sie hat ihn zu Ferienbeginn vom Hog-, vom Schulzug abgeholt.«
Fast hatte er»Hogwarts-Express«gesagt und damit Onkel Vernon sicher zur Wei?glut gereizt. Im Haus der Dursleys wurde der Name von Harrys Schule niemals laut ausgesprochen.
Onkel Vernon verzog sein riesiges Gesicht zu einer Grimasse, als ob er versuchte sich an etwas sehr Unangenehmes zu erinnern.
»So ein plumper Typ von Frau?«, knurrte er schlie?lich.»Und 'ne Menge Kinder mit roten Haaren?«
Harry runzelte die Stirn. Es war schon ein starkes Stuck von Onkel Vernon, jemanden»plump«zu nennen, wo doch sein eigener Sohn Dudley es endlich geschafft hatte, womit er seit dem Alter von drei Jahren gedroht hatte, namlich breiter als lang zu werden.
Onkel Vernon uberflog abermals den Brief.»Quidditch«, murmelte er in seinen Schnurrbart.»Quidditch – was ist das fur ein Blodsinn?«Harry spurte zum zweiten Mal einen Anflug von Arger.»Das ist eine Sportart«, sagte er knapp.»Wird auf Besen-«»Schon gut, schon gut!«, rief Onkel Vernon. Harry sah mit einiger Befriedigung einen Anflug von Panik auf Onkel Vernons Gesicht. Offenbar wurden seine Nerven dem Klang des Wortes»Besenstiele«in seinem Wohnzimmer nicht standhalten. Er fluchtete sich wieder in den Brief. Harry sah, wie seine Lippen die Worte»Ihre Antwort auf dem ublichen Wege schicken«formten. Sein Blick verfinsterte sich.
»Was hei?t, ›auf dem ublichen Wege‹?«, fauchte er.»Ublich fur uns«, sagte Harry, und bevor sein Onkel ihn aufhalten konnte, fugte er hinzu:»Du wei?t ja, Eulenpost. Das ist so ublich unter Zauberern.«
Onkel Vernon sah so emport aus, als hatte Harry gerade ein abscheuliches Schimpfwort ausgesprochen. Zitternd vor Zorn warf er einen nervosen Blick durchs Fenster, als furchtete er, einer der Nachbarn hatte das Ohr an die Scheibe gedruckt.
»Wie oft mu? ich dir noch sagen, da? du diese Abartigkeit unter meinem Dach nicht erwahnen sollst?«, zischte er, das Gesicht von der Farbe einer reifen Pflaume.»Da stehst du, in den Kleidern, die Tante Petunia und ich in deine undankbaren Hande gelegt haben -«
»Erst nachdem Dudley sie abgetragen hatte«, sagte Harry kuhl, und tatsachlich trug er ein Sweatshirt, bei dem er die Armel funfmal zuruckschlagen mu?te, um uberhaupt seine Hande gebrauchen zu konnen, und das ihm bis uber die Knie seiner sackbauchigen Jeans schlotterte.
»So sprichst du nicht mit mir!«, sagte Onkel Vernon bebend vor Wut.
Doch diesmal gab Harry nicht klein bei. Vorbei war die Zeit, da er gezwungen wurde, jede einzelne der bescheuerten Vorschriften der Dursleys zu befolgen. Er hielt sich nicht an Dudleys Diat, und er wurde es nicht hinnehmen, da? Onkel Vernon ihm verbot, zur Quidditch-Weltmeisterschaft zu gehen, jedenfalls nicht, solange er sich wehren konnte.