Nahkampf der Giganten: Flaggkapitan Bolitho bei der Blockade Frankreichs - Kent Alexander (книги без регистрации полные версии TXT) 📗
Moresbys Stimme klang gepre?t.»Zur Hafeneinfahrt, Bolitho! Wir mussen Anduaga Feuerschutz geben!«Er fuhr herum, denn die Luft erzitterte unter einer vollen Salve der Festungsbatterie. Hohe Fontanen stiegen um das spanische Flaggschiff auf, aber immer noch hatte dieses keinen einzigen Schu? abgegeben.
«Zwei Strich Backbord, Mr. Gossett!«befahl Bolitho. Dann blickte er zu Quarme hinuber.»Geschutze laden und ausrennen!«Er wunderte sich, wie ruhig seine Stimme klang, denn ihm war, als mu?te bei Moresbys letztem Befehl sein ganzes Innere aufschreien.
Es war so zwecklos, der Marte zu folgen. Schon von dem Moment an, da die franzosische Flagge gehi?t wurde, war es sinnlos gewesen. Kein Schiff konnte gegen eine gutplazierte Festungsbatterie etwas ausrichten. Und dann auch noch hei?e Kugeln! Verzweifelt schaute er zu den Rahen seiner Hyperion empor, die unter dem Zug der Brassen knirschend uberkamen. Jede Leine, jede Spiere, jede Planke uber der Wasserlinie war trocken wie Zunder.»Eimerkette bilden, Mr. Quarme!«rief er.»Sie wissen, was passiert, wenn auch nur eine hei?e Kugel langer als eine Minute in den Planken steckt!»
Moresby senkte sein Glas.»Signal an Princesa: Position achteraus einnehmen!«Ubers Wasser kam Trommelklang, und das Vier-undsechzig-Kanonen-Schiff rannte seine Geschutze aus.
«Zu spat!«stie? Bolitho unwillkurlich hervor.
Der Admiral sah ihn nicht an.»Vielleicht kann sich die Marte noch zuruckziehen. Wenn wir sie mit allen Kraften unterstutzen…«Er brach ab und erstarrte: eine machtige Flammenzunge scho? an der Bordwand des Flaggschiffs hoch. Sie war so riesig, da? die Marte dagegen ganz klein aussah. Zwar hatte sie endlich ihre Geschutze ausgerannt, aber schon als die Oberdeckbatterie eine unregelma?ige Salve feuerte, hatte die Flammenwand die ganze Steuerbordseite verschluckt, so da? die schlagenden Segel und die bunten Flaggen in Sekundenschnelle nur noch Asche im Wind waren.
Brauner Rauch trieb wie eine Nebelwand von der Steinmauer oberhalb der Klippen uber die See, alle paar Sekunden donnerten die schweren Geschutze, und mit jedem Schu? wurde die Feuersbrunst unten schlimmer. Irgendwie waren Kluver und Fock der Marte verschont geblieben, so da? die Brise das Schiff herumschwang. Die trage Drehung trieb die Flammen jedoch quer uber das Oberdeck, und in zwei Minuten brannte es hellauf vom Bug bis zur Kampanje; von dem uberfullten Achterdeck sprangen winzige Gestalten ins Meer, wo schon viele um ihr Leben kampften und in den glitzernden Wellen Schutz vor den Flammen suchten.
Bolitho ri? sich von diesen Schrecken los und konzentrierte sich auf den Abhang, der dem Bug der Hyperion direkt gegenuberlag.
«Ein Strich Steuerbord!«Er horte, wie Caswell erschuttert Atem holte, und vernahm in der unheilschwangeren Stille auf der Hyperion das Prasseln und Knistern des brennenden Schiffes — als ware er mitten in einem Alptraum. Die todgeweihte Marte trieb immer naher, bis die vorspringende Landzunge sie gnadig den Blicken entzog. Aber dahinter sah man den schwarzen Rauchpilz hochsteigen, dem ein dichter Schauer spruhender Funken entwich; gnadenlos zerhackte die Festungsbatterie das geschlagene Schiff zu einem Haufen schwelender Wrackteile.
Bolithos Mund war knochentrocken, aber er durfte nicht an sich denken. Die Marte hatte eine Besatzung von etwa siebenhundert Mann gehabt. Dazu kamen uber zweihundert Soldaten und hundert Pferde, die jetzt vor Angst und Schrecken tobten.
Vom Berghang kam ein gelbroter Blitz, und dann folgte ein Schlag hoch uber dem Deck. Bolitho blickte auf das qualmende Loch im Gro?bramsegel, und dann auf den Admiral.
«Wir mussen angreifen, Bolitho«, sagte Moresby mit zusammengebissenen Zahnen.»Was anderes konnen wir doch gar nicht tun!»
Bolitho sah einem weiteren Gescho? nach, das an der Gro?rah vorbeipfiff und wie eine tollwutige Schlange uber die Wellenkamme tanzte.»Wir mussen uns zuruckziehen!«entgegnete er.»Bei allem Respekt, Sir — aber diese Runde haben wir verspielt. «Wieder staunte er uber seine steinerne Ruhe, obwohl sich sein Schiff mit jeder Minute der Hafeneinfahrt naherte. Noch eine Viertelstunde, dann mu?te er wenden. So oder so. Mit eiserner Beherrschung sprach er weiter:»Die Frogs konnen uns zu Kleinholz hauen, Sir. Und wenn wir wirklich bis zur anderen Seite des Hafens kommen und einen Landeversuch machen, dann warten sie schon am Ufer auf unsere Boote.»
Er sah Moresbys verzweifelte Miene und konnte seine Erwagungen nur ahnen. Was der Admiral zu diesem Zeitpunkt auch unternahm, es mu?te zum Ruin seiner Laufbahn fuhren. Ein AchtzigKanonen-Schiff vernichtet, seine Mannschaft verbrannt oder gefangengenommen, und dazu noch die franzosische Flagge uber Cozar, unberuhrt, unerreichbar! Schlie?lich verdrangte Bolitho sein Mitleid und sagte rauh:»Um Gottes willen, Sir! Gegen diese Geschutze konnen wir nicht an!»
Da blickte Moresby zu seinem Admiralswimpel hoch, der am Vormast flatterte, und sagte mit seiner alten Entschlossenheit:»Fuhren Sie Ihr Schiff, wie Sie wollen, Bolitho! Aber wir werden vor diesen verraterischen Hunden nicht kneifen!«Kirschrot vor Wut schrie er:»Jetzt nicht — und niemals! Das ist mein letztes
Wort!»
Bolitho blickte ihm fest und kalt ins Gesicht und trat zur Reling.»Steuerbordbatterie feuerklar, Mr. Quarme! Volle Elevation! Wir feuern, sobald wir die Landzunge gerundet haben. «Fluchtig sah er hoch: noch verdeckte ein Berggrat das Schiff vor den feindlichen Kanonieren. Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die Hyperion ins Schu?feld von mindestens sieben Geschutzen schwersten Kalibers geriet.
Auf allen Decks pfiffen die Bootsmannsmaaten den Befehl aus, und die Geschutzmundungen beider Batterien hoben sich mit metallischem Kreischen himmelwarts. Als dann der Schatten des Schiffs beinahe den Fu? der Klippe streifte, senkte sich tiefes Schweigen uber alle Decks; sogar das Drohnen der feindlichen Kanonen war verstummt.
Ashbys Marine-Infanteristen, die in dichtem Pulk im Achterschiff in Bereitschaft gestanden hatten, verteilten sich jetzt auf Deck und in den Netzen, die geladenen Musketen schu?bereit. Leutnant Shanks, Ashbys Stellvertreter, stand an der Kampanjere-ling, den schweren Schleppsabel noch in der Scheide; trotzig schien er die hoffnungslose Unterlegenheit von Musketenfeuer gegenuber gluhenden Kanonenkugeln zu ignorieren.
«Sir!«rief Caswell eben,»die Princesa dreht ab!»
Tatsachlich. Ob der Anblick der auf die Kuste zuhaltenden Hyperion den spanischen Kapitan erschreckt oder geangstigt hatte — jedenfalls entschied er sich dafur, dem eigenen Urteil zu gehorchen und nicht dem letzten verzweifelten Signal Moresbys.
«Dieser feige Hund!«murmelte der Admiral heiser.»Den lege ich fur diese Schweinerei in Eisen!»
Bolitho ignorierte ihn, was angesichts des nahen Todes fur sie alle nicht auffiel. Seine Angst vor Verwundung und Qualen unter dem Messer des Schiffsarztes, die ihn sonst jedesmal vor einer Seeschlacht befiel, war einer dumpfen Resignation gewichen. Seltsam — ware er nicht so eigensinnig und hartnackig gewesen, hatte er jetzt noch in Kent Rekruten anwerben konnen. Er dachte an Mores-bys Starrkopfigkeit und wurde plotzlich wutend. Da? seine Leute — mochten sie nun aus Vaterlandsliebe aufs Schiff gekommen sein oder weil der blinde Zufall sie einem Pre?kommando in die Fange getrieben hatte — ihr Leben einem Mann wie Moresby anvertrauen mu?ten, der, wenn alles schiefgegangen, wenn bewiesen war, da? er falsch gehandelt hatte, keinen anderen Rat wu?te als einen sinnlosen Heldentod! Und wenn dann die alten Planken der Hyperion neben denen der Marte verrotteten, wurde die franzosische Flagge immer noch uber der Festung wehen!
Ein breiter Strahl Sonnenlicht fiel uber das Achterdeck, und mit Schrecken bemerkte Bolitho, da? sein Schiff bereits in das ruhigere Wasser der Hafeneinfahrt glitt. Dort druben lag der fernere Landarm der Einfahrt, ein unvollendeter Wall, dessen Steine in der Sonne glanzten wie die Zahne eines Riesen. Er konnte jetzt die kleine Schaluppe ausmachen, die in einer Bucht zwischen hohen Hugeln wie im Schutze gruner Mauern vor Anker lag. Ein paar winzige Gestalten ruderten in einem Kutter an ihrem Bug vorbei, ohne sich um das zu kummern, was sich unterhalb der Festung abspielte. Sie waren so unbekummert, da? sie zu rudern aufhorten, als sich der Bugspriet der Hyperion in die Einfahrt schob; ja, ein Mann stand sogar auf und spahte heruber.