Der Piratenfurst: Fregattenkapitan Bolitho in der Java-See - Kent Alexander (серии книг читать бесплатно .txt) 📗
Keuchend, das Hemd klatschna?, kam Davy aufs Achterdeck.»Alles klar, Sir!«Er schwankte, stolperte, fiel gegen die Netze und sagte wutend:»Bei Gott, ich hatte vollig vergessen, was ein richtiger Wind ist!»
Bolitho lachelte.»Lassen Sie die Freiwache unter Deck gehen, aber sagen Sie dem Bootsmann, er soll standig Kontrollen machen. Wir konnen uns nicht leisten, kostbares Geschirr zu verlieren, blo? weil es nicht ordentlich verstaut wurde. «Er wandte sich Herrick zu:»Kommen Sie mit in meine Kajute.»
Dort war es trotz der tosenden See und den unter dem Anprall stohnenden Planken warm und gemutlich. Der Gischt malte ein Diagonalmuster an die Heckfenster, das Ruder knirschte und quietschte unter den Handen der Rudergasten, die das Schiff auf seinem neuen Kurs hielten. Noddall kam taperig herein, den schmachtigen Korper schrag gegen den uberhangenden Fu?boden geneigt, und setzte Weinglaser auf. Herrick quetschte sich in die Ecke der Sitzbank und blickte Bolitho fragend an.»Und wenn wir vor dem Wind segeln mussen und dabei etwas vom Kurs abkommen — wurde das so viel ausmachen, Sir?»
Bolitho dachte an seine schriftlichen Befehle, an Conways kurze, aber klare Instruktionen.»Unter Umstanden ja. «Er wartete, bis der Wein eingeschenkt war, und sagte dann:»Auf das, was wir erreichen konnen, Thomas!»
Herrick lachte kurz auf. »Darauf trinke ich mit!«Bolitho setzte sich an seinen Schreibtisch. Das Schiff stieg und glitt dann steil in ein Wellental. Er war froh, da? Keen und ein paar andere Rekonvaleszenten auf seinen ausdrucklichen Wunsch in Pendang Bay geblieben waren. Wenn das Schiff noch lange so stampfte und rollte, mu?ten ja die besten Wundnahte rei?en.
«Admiral Conway beabsichtigte, die Bedford in See gehen zu lassen, sobald wir auf dem Wege zu den Benua-Inseln sind. Ich denke, er will die spanischen Soldaten so schnell wie moglich loswerden.»
Herrick sah ihn gespannt an.»Ein bi?chen riskant, Sir, nicht wahr? Wo sich doch diese verdammte Argus immer noch hier herumtreibt?»
Bolitho schuttelte den Kopf.»Glaube ich nicht. Bestimmt haben die Franzosen oder Muljadi ihre Spione, die Conways Stutzpunkt beobachten. Die werden gesehen haben, da? wir in See gegangen sind. Die Argus wei? inzwischen ganz genau, da? wir kommen.»
«So gerissen sind die also?«Herrick sah ganz finster aus bei diesem Gedanken.
«Damit mussen wir rechnen. Ich glaube, Conway hat recht. Es ist besser, wenn die Bedford mit den Kranken und den Depeschen fur Madras weg ist, bevor es in Pendang Bay noch schlimmer wird.»
«Wenn ein richtiger Sturm aufkommt«, antwortete Herrick etwas optimistischer,»dann passiert erst mal gar nichts. Die Froschfresser mogen schlechtes Wetter nicht.»
Bolitho mu?te uber Herricks Gottvertrauen lacheln.»Diesem hier konnte das egal sein. Er ist lange in diesen Gewassern gesegelt. Das ist keiner von diesen Ein-Schu?-und-weg-Spezialisten, die vor Brest oder Lorient mal kurz die Nase in den Kanal stecken und nach Hause flitzen, sobald sie das erste englische Schiff zu Gesicht kriegen. «Er rieb sich das Kinn.»Dieser Le Chaumareys interessiert mich. Ich wurde gern wissen, wie er als Mensch ist, nicht nur als Seemann und Kampfer.»
Herrick nickte.»Er seinerseits scheint eine ganze Menge uber Sie zu wissen, Sir.«»Zuviel.»
Eine machtige Woge glitt unter das Achterdeck, hob das Schiff an, stellte es einen Moment lang steil, und lie? es dann in das nachste Wellental gleiten. Drau?en vor der Tur sturzte der
Posten stehende Marineinfanterist der Lange nach hin; sie horten das Klappern und Klirren der fallenden Muskete und sein Fluchen, wahrend er sich aufrappelte. Langsam sagte Bolitho:
«Wenn wir mit dem Kapitan der Argus zusammentreffen, mussen wir die Augen offenhalten. Wenn er gewillt ist, zu verhandeln, erfahren wir vielleicht etwas. Andernfalls mussen wir bereit sein zu kampfen.»
Herrick runzelte die Stirn.»Kampfen ware mir lieber, Sir. Das ist die einzige Methode, die ich kenne, um mit einem Franzosen klarzukommen.»
Bolitho mu?te plotzlich an jenes Zimmer in der Admiralitat denken und an die verschlossene Miene des Admirals Winslade, der ihm in aller Kurze die Mission der Undine angedeutet hatte. Vier Monate war das her. Es war Frieden — und doch waren Schiffe untergegangen, Menschen getotet oder fur den Rest ihres Lebens zu Kruppeln geworden. Aber selbst die Herrschermacht Ihrer Lordschaften von der Admiralitat, alle Gerissenheit und Erfahrung der Diplomaten waren hier nutzlos. Eine einsame, winddurchbrauste Fregatte, ein Minimum an Reserven, und kein Befehl von oben, wenn man ihn am allernotigsten brauchte! Herrick fa?te Bolithos Verstummen als Signal auf. Er stellte seinen Becher zwischen den erhohten Leisten des Tisches ab und stand vorsichtig auf.»Zeit fur meine Runde, Sir. «Er lauschte mit schiefem Kopf auf das Gurgeln des Wassers in den Speigatten des Achterdecks.»Ich habe die Mittelwache; vielleicht kann ich vorher noch ein paar Minuten schlafen. «Bolitho zog seine Uhr und merkte, da? Herrick sie mi?billigend ansah.»Ich gehe jetzt in die Koje. Wir werden in Kurze doch alle rausmussen.»
Und in der Tat kam es ihm vor, als seien es nur Minuten gewesen, seit er den Kopf aufs Kissen gelegt hatte, als schon jemand an der Koje stand und ihm auf die Schulter klopfte. Es war Allday. Sein Schatten stieg und fiel im heftigen Schwanken der Deckenlaterne wie ein schwarzes Gespenst.
«Tut mir leid, Sie aufzuwecken, Captain; aber es wird oben immer schlimmer. «Er schwieg einen Moment, damit Bolitho sich sammeln konnte.»Mr. Herrick befahl mir, Ihnen Bescheid zu sagen.»
Bolitho taumelte aus der Koje. Unvermittelt spurte er, da? die Bewegungen des Schiffes noch unregelma?iger geworden waren. Er zog Kniehosen und Stiefel an, streckte den Arm aus, um sich in das schwere Olzeug helfen zu lassen, und fragte:
«Wie spat?«Allday mu?te schreien, denn die See donnerte gegen den Schiffsrumpf und klatschte wutend uber das Achterdeck.»Kurz vor der Morgenwache, Sir.»
«Sagen Sie Mr. Herrick Bescheid: die Wache soll sofort raus!«Er fa?te Alldays Arm, und sie torkelten zusammen durch die Kajute wie zwei betrunkene Matrosen.
«Alle Mann sofort an Deck! Ich bin in der Kartenkammer.»
Dort fand er bereits Mudge vor, der mit seinem massigen Oberkorper uber dem Kartentisch lag und beim unsicheren Schein der wild schwingenden Deckenlampe leise fluchend die Karte studierte.
«Wie steht's?«fragte Bolitho knapp.
Mudge sah zu ihm auf. Rotlich glommen seine Augen in dem schwachen Lichtschein.»Schlecht, Sir. Die Segel gehen in Fetzen, wenn wir nicht 'ne Weile beidrehen. «Bolitho blickte auf die Karte. Seeraum war reichlich vorhanden. Wenigstens ein Trost. Er eilte zum Achterdeck-Niedergang und fiel beinahe hin, als das Schiff in Korkenzieherlinien gleichzeitig rollte und jumpte, doch er kampfte sich zum Ruder durch. Vier Rudergasten standen am Rad. Sie waren festgelascht, damit sie nicht hinterrucks von einer Welle erwischt und uber Bord gewaschen wurden. Sie kampften mit den Spaken; ihre Augen gluhten in der flackernden Kompa?beleuchtung. Eben brullte ihm Herrick zu:»Ich habe» Alle Mann «pfeifen lassen, Sir, und au?erdem die Pumpen besetzt.»
Die Kompa?rose sprang und zuckte.»Recht so. Wir werden unter gerefftem Gro?bramsegel beidrehen. Davy soll die besten Manner sofort in den Mast schicken!»
Er fuhr herum. Ein kanonenschu?ahnlicher Knall ubertonte die brullende See, und er sah, wie das Besanmarssegel mitten auseinanderri?; die Teile zerfledderten noch in einzelne Streifen, die sich bleich gegen die schwarzen, tief dahinjagenden Wolken abhoben. Er horte das trubselige Janken der Pumpen, die heiseren Rufe der Manner, die sich zu ihren Stationen durchkampften und sich vor den schaumenden Wassern unter die Decksgange duckten.
Fowlar rief, trotz des furchtbaren Durcheinanders schadenfroh grinsend:»Das Segel hat der Segelmacher gerade geflickt, Sir! Der wird sich ganz schon argern.»