Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander (читать книги онлайн регистрации .txt) 📗
Fregatte ist Charles Farquhar. Er konnte sich an dich als seinen alten Gegner, der ihn einst gefangennahm, erinnern.»
«Ich erinnere mich noch gut an ihn: ein frecher junger Laffe.»
«Aber wenn alles klappt, konnte es dir fur eine spatere Begnadigung sehr viel nutzen. Es ist die letzte Chance fur dich.»
Sein Bruder zeigte nur ein resigniertes Lacheln.»Es ist genau, wie die Leute sagen: Du denkst nie zuerst an dich selber. «Er legte eine Hand auf den Tisch.»Ich habe keinen Augenblick daran gedacht, meine eigene Haut zu retten. Kommt es dir denn nicht in den Sinn, da? es schlecht fur dich stunde, wenn Farquhar oder sonst wer uber mich Bescheid wu?te? Du hast einen Fluchtling versteckt, dich mit einem Hochverrater verbundet. Sie wurden dich kreuzigen.»
Als Bolitho nicht antwortete, setzte Hugh eindringlich hinzu:»Denk an dich selber! Und hor' auf, dir Sorgen zu machen, uber deinen Kommodore, uber mich und uber den ganzen Rest. Sorge dich wenigstens dieses eine Mal um dich selber!»
Bolitho schaute beiseite.»Es ist also abgemacht. Wenn wir in St. Kruis ankommen, werde ich den Kommodore informieren. Mag sein, da? wir auf dem von dir genannten Ankerplatz nichts finden. Aber wir werden sehen.»
Sein Bruder ging zur Tur.»Es gab bisher nur einen einzigen Mann, der mir damals in der Karibik uberlegen war. So hoffe ich, da? dir das Gluck auch ein zweites Mal zur Seite steht.»
«Vielen Dank!«Aber als Bolitho den Kopf nach Hugh wandte, war der Kartenraum leer.
XIV Fur die achtern die Ehre…
Als sein Boot an den Holzpfahlen der Landungsbrucke festgemacht hatte, kletterte Bolitho vom Hecksitz hinauf und warf zunachst einen Blick zuruck auf die Bucht. Erst vor zwei Stunden hatte Pelham-Martins Geschwader hier geankert, doch in dieser kurzen Zeit hatte sich das Wetter bereits erheblich verandert. Der Himmel war mit einem dusteren Schleier uberzogen, der das nachmittagliche Sonnenlicht zu einem bosen Funkeln verzerrte und die unregelma?ig laufenden Wellenkamme braunlich verfarbte. Als er seine Augen mit der Hand beschattete und die Schiffe musterte, bemerkte er, da? sie unruhig an ihren Ankertrossen zerrten, als hatten sie Angst vor der Nahe des Ufers.
Boote fuhren geschaftig zu den Schiffen hinaus und wieder zuruck zu den an Land wartenden Seeleuten, die frisch gefullte Wasserfasser und schnell eingekaufte Fruchte in Korben zu ihnen hinunterreichten und sich dann wieder landeinwarts entfernten, um weitere Ladung zu beschaffen.
Inch und Gossett kletterten zu Bolitho hoch und standen in den vom Wind aufgewirbelten Staubwolken, die ihre Gesichter und Anzuge in Sekundenschnelle mit einer grauen Schicht bedeckten.
Der Master sagte mit rauher Stimme:»Der Wind kommt immer noch aus Nordost und nimmt weiter zu, Sir. «Er schuttelte den Kopf.»Ich werde mich wohler fuhlen, wenn wir erst wieder in See sind.»
Bolitho folgte seinem Blick und sah, wie sich die Wellen an der schutzenden Kette von Riffen ostlich der Bucht brachen.»Ich stimme Ihnen zu.»
Er drehte sich um und marschierte uber die staubige Stra?e in Richtung des undeutlich an ihrem Ende sichtbaren Gouverneurssitzes. Er ging schnell, obwohl er sich bewu?t war, da? die anderen Muhe hatten, ihm zu folgen; die Dringlichkeit seiner Sache trieb ihn voran. Vierundzwanzig Stunden hatten die Schiffe trotz Einsatzes samtlicher Segel fur die Ruckfahrt nach St. Kruis gebraucht, und wahrend er fiebernd auf die endgultige Entscheidung des Kommodore gelauert hatte, war Pelham-Martin, nur von Kapitan Mulder von der Telamon begleitet, an Land gegangen, um sich mit de Block zu besprechen.
Wahrend des Ankerns der Hyperion hatte Bolitho bemerkt, da? ihre vermi?te Korvette schon unterhalb der Landzunge vor Anker lag. Als ihr Kommandant keinen Erfolg bei seiner Suche nach der Spartan gehabt hatte, traf er wohl die einzig mogliche Entscheidung, nach St. Kruis zuruckzukehren. Aber inzwischen war einige Zeit verflossen, Zeit, die man hatte nutzen konnen, die Korvette eilends loszuschicken, um andere, starkere Krafte zu alarmieren und von Lequillers moglichen Absichten zu unterrichten.
Kleine Gruppen Eingeborener standen in den Eingangen ihrer Hauser und Hutten, als sie vorbeieilten. Nur wenige Leute lachelten ihnen zu oder gru?ten, die meisten schienen die See hinter den
Riffen zu beobachten. In einem Monat wurde die Hurrikansaison beginnen, und damit mu?ten diese Leute mehr zu schaffen haben als mit dem Krieg: einem Krieg, den andere angezettelt hatten und dessen Ziel sie nicht kannten, der ihnen aber nur weitere Angste und Sorgen bringen wurde.
Schlie?lich erreichte Bolithos Trupp das gro?e Steintor, das ihnen Schutz vor den Staubwolken bot. Noch ganz au?er Atem fragte Inch:»Soll Mr. Selby hier drau?en warten, Sir?»
Bolitho wandte sich zu ihnen um. Als die Nachricht endlich an Bord eingegangen war, da? der Kommodore alle Kommandanten, Ersten Offiziere und Master zu sich befahl, hatte er sofort gewu?t, da? eine Entscheidung gefallen sein mu?te. Und er hatte vorausgesehen, da? Pelham-Martin den einzigen Mann zu sehen wunschte, den Bolitho als Lotsen fur die Fregatte, die durch das Riff fahren sollte, empfohlen hatte. Trotzdem beunruhigte ihn dieser Befehl.
Jetzt stand Hugh hier, drei Schritte hinter Inch und Gossett, und wartete mit unbeweglichem Gesicht auf Bolithos Antwort.
«Ja, er kann hier warten. «Doch er setzte hinzu:»Er wird sicher noch nicht gebraucht.»
Er sah Fitzmaurice und seine beiden Begleiter von der Stra?e auf sie zueilen.
«Dann wollen wir uns nicht langer hier aufhalten.»
Als er in den langgestreckten Raum uber dem Ufer eintrat, fuhlte er, da? seine Hande feucht waren, aber im Haus war es kuhl, verglichen mit der hei?en, staubigen Stra?e. Jeden Augenblick wurde sein Bruder den anderen gegenuberstehen. Die Aussicht, entdeckt zu werden, stieg dementsprechend.
Er nickte den bereits Anwesenden zerstreut zu und nahm ihren Gru? oder ihre Bemerkungen nur halb wahr. Die Kommandanten der beiden Korvetten unterhielten sich leise vor dem Fenster, wahrend Farquhar und sein Erster Offizier die Karte auf dem Tisch studierten.
Ein Eingeborenenmadchen kam mit einem vollen Tablett zu Bo-litho. Er nahm ein Glas und nippte daran. Es war irgendein Wein und eiskalt.
Auch Inch nahm ein Glas und lachelte dem Madchen, das ihn mit unverhohlener Bewunderung ansah, schuchtern zu. Fitzmaurice trat ein und schuttelte den Staub von seiner Kleidung. Seine Stimme wirkte sehr laut in dem bisherigen Schweigen. Er hustete drohnend und nickte der Dienerin zu, die immer noch Inch anlachelte und nur zogernd mit ihrem Tablett heruberkam.
Eine andere Tur offnete sich, und Pelham-Martin ging langsam und schwerfallig zum Tisch. De Block und Mulder begleiteten ihn, letzterer wirkte abgespannt und gereizt, als er darauf wartete, da? Pelham-Martin zu sprechen begann.
Bolitho musterte ihn sorgenvoll. Die Bewegungen des Kommodore waren schleppend, aber seine Augen, die jetzt den Kommandanten der zweiten Korvette fixierten, flackerten nervos.
«Schon, Appleby. «Er zog einen dicken Umschlag aus seiner Rocktasche.»Hier sind meine Berichte. Sie gehen mit der Nisus sofort Anker auf und ubergeben sie dem ersten Flaggoffizier, dem Sie begegnen. «Als er den Umschlag Appleby entgegenstreckte, bemerkte Bolitho, da? seine Hand heftig zitterte.»Moglicherweise treffen sie ein Geschwader der Kanalflotte, wenn nicht, segeln Sie weiter nach Plymouth, und zwar so schnell Sie konnen.»
Der Kommandant steckte den Umschlag in die Innentasche seines Uniformrocks und machte auf dem Absatz kehrt. Nur einen Augenblick schweifte sein Blick uber die Versammelten hinweg, als mustere er sie zum letzten Mal.
Pelham-Martin sah ihm nach, bis er durch den Torweg verschwunden war. Bolitho fragte sich, ob er wohl uberlege, ihn jetzt noch zuruckzurufen und die Berichte zuruckzufordern, die so leicht seinen Ruin bedeuten konnten.