Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander (читать лучшие читаемые книги .TXT) 📗
Herrick war storrisch wie immer.»Es sind die Manner, die Schlachten gewinnen, Sir. Nicht die Schiffe. «Verbindlicher fugte er hinzu:»Aber es ist ein stolzer Augenblick, das mu? ich zugeben. Die Ben-bow ist ein gutes Schiff und schnell fur ihre Gro?e. Wenn wir das nachste Mal in See gehen, werde ich mehr Munition nach achtern stauen lassen und damit vielleicht noch einen Knoten mehr herausholen. «Seine Blicke schweiften weit weg, verloren in die standigen Uberlegungen eines Kommandanten, wie er sein Schiff am besten trimmen konnte.
«Was macht Ihre Frau? Wird sie direkt nach Kent fahren?»
Herrick sah ihn an.»Aye, Sir. Sobald wir au?er Sicht sind, sagt sie. «Ein Lacheln huschte uber sein Gesicht.»Bei Gott, ich bin ein Gluckspilz.»
Bolitho nickte.»Ich auch, Thomas, da? ich Sie wieder als Flaggkapitan habe. «Er beobachtete eine Unsicherheit auf Herricks Gesicht und erriet, was kam.
«Es mag ungebuhrlich klingen, Sir, aber haben Sie nie daran gedacht… Ich meine, wollen Sie nicht uberlegen…»
Bolitho hielt seinem Blick stand und antwortete ruhig:»Wenn ich
Cheney zuruckholen konnte, mein Lieber, wurde ich den rechten Arm dafur geben. Aber eine andere heiraten?«Er schaute zur Seite, denn es gab ihm einen schmerzhaften Stich, als er sich an Herricks Gesicht erinnerte, wie der ihm damals die Nachricht von Cheneys Tod uberbracht hatte.»Ich dachte, ich wurde daruber hinwegkommen, mich von ihr losen. Der Himmel wei?, Thomas, da? Sie alles getan haben, mir zu helfen. Manchmal bin ich nahezu daran, zu verzweifeln…«Er unterbrach sich. Was war mit ihm los? Aber als er Herrick anschaute, sah er nur Verstandnis in dessen Zugen. Und Stolz, etwas mit ihm teilen zu konnen, das er wahrscheinlich langer als jeder andere gewu?t hatte.
Herrick stand auf und stellte seine Kaffeetasse auf den Tisch.»Ich gehe jetzt besser wieder an Deck. Mr. Wolfe ist ein guter Seemann, aber es fehlt ihm die leichte Hand im Umgang mit den neuen Leuten. «Er zog eine Grimasse.»Wei? Gott, er jagt sogar mir manchmal Angst ein.»
«Wir sehen uns bei vier Glasen wieder, Thomas. «Bolitho drehte sich um und sah eine Mowe pfeilschnell am Fenster vorbeistreichen.»Was ist mit Adam? Ich habe ihn nur kurz gesprochen, als ich an Bord kam. Uberhaupt gibt es noch viele Fragen.»
Herrick nickte.»Aye, Sir. Hoher Rang stellte hohere Anforderungen. Wenn Sie den jungen Adam gestern eingeladen hatten, hatten die anderen in der Masse etwas uber Bevorzugung gemunkelt, was Sie selber nicht mogen. Aber er hat Sie vermi?t. Ich glaube, er sehnt sich nach einer Fregatte, doch furchtet er, uns beide damit zu kranken. Sie besonders.»
«Ich werde ihn bald zu mir rufen. Wenn alle an Bord so beschaftigt sind, da? sie keine Zeit mehr zum Tratschen haben.»
Herrick grinste.»Das ist bestimmt sehr bald der Fall. Nach der ersten richtigen Nordsee-Brise sind sie dazu viel zu erschopft.»
Noch lange, nachdem Herrick gegangen war, sa? Bolitho still auf der grunen Lederbank unter dem Heckfenster. So machte er sich mit dem Schiff vertraut, obwohl er nicht direkt an dem teilnehmen konnte, was uber ihm und vor der Tur geschah.
Fu?e stampften und Blocke quietschten. Er wurde unruhig, sobald er die Gerausche als das Aufhei?en eines Bootes, sein Einschwenken uber die Laufbrucke und Abfieren auf das Bootsrack neben den anderen Booten erkannte.
Viele Leute waren an der Arbeit, von ihren Deckoffizieren und Maaten angeleitet und vorangetrieben. Es fehlte an erfahrenen Matrosen. Auf jede Wache und auf den Gefechtsstationen waren nur einige davon verteilt. Sie konnten allenfalls dafur sorgen, da? die neuen und unerfahrenen Leute keine allzugro?en Gefahren heraufbeschworen.
Freiwillige waren in Devonport an Bord gekommen und einige sogar hier in Portsmouth: ehemalige Seeleute, die genug vom Leben an Land hatten, Manner, die vor dem Gericht, vor Glaubigern oder gar vor dem Galgen davongelaufen waren.
Der Rest, von den Pre?kommandos an Bord geschleppt, war noch verstort, deprimiert, zu plotzlich eingefangen in eine Welt, die sie kaum kannten, allenfalls aus der Entfernung. Dies also war es, was sie sich unter einem Schiff des Konigs, das unter vollen Segeln stolz aufs weite Me er hinausfuhr, vorgestellt hatten. Und das war die harte Wirklichkeit: uberfullte Wohndecks und der Stock des Bootsmanns.
Es war Herricks Aufgabe, sie mit seinen eigenen Methoden zu einer Mannschaft zusammenzuschwei?en. Zu einer Besatzung, die tapfer ihren Mann stand und sich — wenn notig — mit einem Hurra auf den Feind sturzte.
Bolitho sah sein Spiegelbild in den nassen Scheiben. >Und meine Aufgabe ist es, das Geschwader zu fuhren.<
Allday trat ein und betrachtete ihn nachdenklich.»Ich habe Ozzard gesagt, da? er Ihren besten Uniformrock bereitlegt, Sir. «Er lehnte sich nach Luv, als das Deck sich plotzlich schief legte.
«Endlich >mal< 'ne Abwechslung, anstatt immer mit Franzmannern zu kampfen. Ich denke, es werden demnachst die Russen oder Schweden sein.»
Bolitho sah ihn zornig an.»>Mal 'ne Abwechslung Ist das Ihr einziger Kommentar?»
Allday strahlte.»Politik ist naturlich wichtig, Sir. Fur die Admirale, fur das Parlament und so weiter. Aber fur den armen Seemann?«Er schuttelte den Kopf.»Alles, was er sieht, sind die Mundungen der feindlichen Kanonen, die ihm ihr Feuer entgegenspeien, ihm mit eisernem Kamm einen Scheitel ziehen. Es kummert ihn nicht gro?, welche Flagge sie fuhren.»
Bolitho mu?te erst einmal tief Luft holen.»Kein Wunder, da? die Madchen auf Ihre Uberredungskunste hereinfallen, Allday. Fast hatten Sie mich uberzeugt.»
Allday lachte in sich hinein.»Ich bringe Ihre Frisur noch einmal in Ordnung, Sir. Wir werden uns uberhaupt kunftig etwas zusammennehmen mussen, mit einem Mr. Browne an Bord.»
Bolitho lehnte sich zuruck und wartete. Er wurde nicht nur mit Browne zurechtkommen mussen. Allday erriet sicher, wie viele Sorgen er sich machte, bis sie alle in See waren. Und er wurde dafur sorgen, da? er nicht allein blieb, bis die Kommandanten kamen, ihm ihre Aufwartung zu machen. Gegen Allday gewann man nur schwer.
Von der Schiffsglocke vorn auf dem Backsdeck erklangen zwei Schlage. Funf Uhr nachmittags, und die Kommandantensitzung lag hinter ihnen. Sekunden spater kam Herrick abermals in Bolithos Kajute.
Bolitho streckte die Arme nach seinem Uniformrock aus und erlaubte Ozzard, ihn noch einmal zurechtzuzupfen und dafur zu sorgen, da? der Zopf korrekt auf dem goldbestickten Kragen lag.
Allday stand am Schott und nahm — nach einem Augenblick des Uberlegens — einen der Sabel von seinem Stander.
Er glitzerte trotz des nur matten Lichts, war schon geformt und verziert und zeigte, wenn man ihn aus der Scheide zog, eine ebenso vollkommene Klinge. Es war ein Ehrensabel, gestiftet von der Bevolkerung Falmouths. Ein Geschenk in Anerkennung dessen, was Bolitho im Mittelmeer geleistet hatte.
Herrick beobachtete die kleine Szene. Einen Augenblick verga? er den Kummer, da? er Dulcie so schnell hatte verlassen mussen, und die hundert Dinge, die seine Aufmerksamkeit an Deck verlangten. Er wu?te, was Allday dachte, und war gespannt, wie er es aussprechen wurde.
Der Bootssteurer fragte etwas linkisch:»Dieser, Sir?«Er lie? den Blick zum zweiten Sabel wandern. Der war altmodisch und gerade, aber ein Teil Bolithos und seiner Vorfahren.
Bolitho lachelte.»Lieber nicht. Es wird gleich regnen, und ich mochte nicht, da? die schone neue Waffe Schaden nimmt. «Er wartete, wahrend Allday den anderen Sabel holte, und hakte ihn in seinen Gurt ein.»Und au?erdem«, er blickte von Allday zu Herrick,»mochte ich heute alle alten Freunde um mich haben.»
Dann tippte er Herrick auf die Schulter:»Wir gehen zusammen an Deck, nicht wahr, Thomas? Wie fruher.»
Ozzard sah den beiden Offizieren nach und flusterte bedauernd:»Ich wei? nicht, warum er diesen alten Sabel nicht wegwirft oder wenigstens zu Hause la?t.»