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Die gef?hrliche Wette - фон Гёте Иоганн Вольфганг (читать книги онлайн бесплатно без сокращение бесплатно TXT) 📗

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Название:
Die gef?hrliche Wette
Дата добавления:
17 март 2020
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Erz?hlung aus Wilhelm Meisters Wanderjahre (geschrieben 1807/08).

Die gef?hrliche Wette читать онлайн бесплатно

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Es ist bekannt, da? die Menschen, sobald es ihnen einigerma?en wohl und nach ihrem Sinne geht, alsobald nicht wissen, was sie vor Ubermut anfangen sollen; und so hatten denn auch mutwillige Studenten die Gewohnheit, wahrend der Ferien scharenweis das Land zu durchziehen und nach ihrer Art Suiten zu rei?en, welche freilich nicht immer die besten Folgen hatten. Sie waren gar verschiedener Art, wie sie das Burschenleben zusammenfuhrt und bindet. Ungleich von Geburt und Wohlhabenheit, Geist und Bildung, aber alle gesellig in einem heitern Sinne miteinander sich fortbewegend und treibend. Mich aber wahlten sie oft zum Gesellen: denn wenn ich schwerere Lasten trug als einer von ihnen, so mu?ten sie mir denn auch den Ehrentitel eines gro?en Suitiers erteilen, und zwar hauptsachlich deshalb, weil ich seltener, aber desto kraftiger meine Possen trieb, wovon denn folgendes ein Zeugnis geben mag.

Wir hatten auf unseren Wanderungen ein angenehmes Bergdorf erreicht, das bei einer abgeschiedenen Lage den Vorteil einer Poststation und in gro?er Einsamkeit ein paar hubsche Madchen zu Bewohnerinnen hatte. Man wollte ausruhen, die Zeit verschleudern, verliebeln, eine Welle wohlfeiler leben und deshalb desto mehr Geld vergeuden.

Es war gerade nach Tisch, als einige sich im erhohten, andere im erniedrigten Zustand befanden. Die einen lagen und schliefen ihren Rausch aus; die andern hatten ihn gern auf irgendeine mutwillige Weise ausgelassen. Wir hatten ein paar gro?e Zimmer im Seitenflugel nach dem Hof zu. Eine schone Equipage, die mit vier Pferden hereinrasselte, zog uns an die Fenster. Die Bedienten sprangen vom Bock und halfen einem Herrn von stattlichem, vornehmem Ansehen heraus, der ungeachtet seiner Jahre noch rustig genug auftrat. Seine gro?e, wohlgebildete Nase fiel mir zuerst ins Gesicht, und ich wei? nicht, was fur ein boser Geist mich anhauchte, so da? ich in einem Augenblick den tollsten Plan erfand und ihn, ohne weiter zu denken, sogleich auszufuhren begann.

«Was dunkt euch von diesem Herrn?«fragte ich die Gesellschaft. — »Er sieht aus«, versetzte der eine,»als ob er nicht mit sich spa?en lasse.«—»Ja, ja«, sagte der andre,»er hat ganz das Ansehen so eines vornehmen Ruhrmichnichtan.«—»Und dessenungeachtet«, erwiderte ich ganz getrost,»was wettet ihr, ich will ihn bei der Nase zupfen, ohne da? mir deshalb etwas Ubles widerfahre; ja ich will mir sogar dadurch einen gnadigen Herrn an ihm verdienen.»

«Wenn du es leistest«, sagte Raufbold,»so zahlt dir jeder einen Louisdor.«—»Kassieren Sie das Geld fur mich ein«, rief ich aus;»auf Sie verlasse ich mich.«—»Ich mochte lieber einem Lowen ein Haar von der Schauze raufen«, sagte der Kleine. — »Ich habe keine Zeit zu verlieren«, versetzte ich und sprang die Treppe hinunter.

Bei dem ersten Anblick des Fremden hatte ich bemerkt, da? er einen sehr starken Bart hatte, und vermutete, da? keiner von seinen Leuten rasieren konne. Nun begegnete ich dem Kellner und fragte:»Hat der Fremde nicht nach einem Barbier gefragt?«—»Freilich!«versetzte der Kellner,»und es ist eine rechte Not. Der Kammerdiener des Herrn ist schon zwei Tage zuruckgeblieben. Der Herr will seinen Bart absolut los sein, und unser einziger Barbier, wer wei?, wo er in die Nachbarschaft hingegangen.»

«So meldet mich an«, versetzte ich;»fuhrt mich als Bartscherer bei dem Herrn nur ein, und Ihr werdet Ehre mit mir einlegen. «Ich nahm das Rasierzeug, das ich im Hause fand, und folgte dem Kellner.

Der alte Herr empfing mich mit gro?er Gravitat, besah mich von oben bis unten, als ob er meine Geschicklichkeit aus mir herausphysiognomieren wollte.»Versteht Er Sein Handwerk?«sagte er zu mir.

«Ich suche meinesgleichen«, versetzte ich,»ohne mich zu ruhmen. «Auch war ich meiner Sache gewi?: denn ich hatte fruh die edle Kunst getrieben und war besonders deswegen beruhmt, weil ich mit der linken Hand rasierte.

Das Zimmer, in welchem der Herr seine Toilette machte, ging nach dem Hof und war gerade so gelegen, da? unsere Freunde fuglich hereinsehen konnten, besonders wenn die Fenster offen waren. An gehoriger Vorrichtung fehlte nichts mehr. Der Patron hatte sich gesetzt und das Tuch vorgenommen. Ich trat ganz bescheidentlich vor ihn hin und sagte:»Exzellenz! mir ist bei Ausubung meiner Kunst das Besondere vorgekommen, da? ich die gemeinen Leute besser und zu mehrerer Zufriedenheit rasiert habe als die Vornehmen. Daruber habe ich denn lange nachgedacht und die Ursache bald da, bald dort gesucht, endlich aber gefunden, da? ich meine Sache in freier Luft viel besser mache als in verschlossenen Zimmern. Wollten Ew. Exzellenz deshalb erlauben, da? ich die Fenster aufmache, so wurden Sie den Effekt zu eigener Zufriedenheit gar bald empfinden. «Er gab es zu, ich offnete das Fenster, gab meinen Freunden einen Wink und fing an, den starken Bart mit gro?er Anmut einzuseifen. Ebenso behend und leicht strich ich das Stoppelfeld vom Boden weg, wobei ich nicht versaumte, als es an die Oberlippe kam, meinen Gonner bei der Nase zu fassen und sie merklich heruber und hinuber zu biegen, wobei ich mich so zu stellen wu?te, da? die Wettenden zu ihrem gro?ten Vergnugen erkennen und bekennen mu?ten, ihre Seite habe verloren.

Sehr stattlich bewegte sich der alte Herr gegen den Spiegel: man sah, da? er sich mit einiger Gefalligkeit betrachtete, und wirklich, es war ein sehr schoner Mann. Dann wendete er sich zu mir mit einem feurigen schwarzen, aber freundlichen Blick und sagte:»Er verdient, mein Freund, vor vielen seinesgleichen gelobt zu werden, denn ich bemerke an Ihm weit weniger Unarten als an andern. So fahrt Er nicht zwei-, dreimal uber dieselbige Stelle, sondern es ist mit einem Strich getan; auch streicht Er nicht, wie mehrere tun, sein Schermesser in der flachen Hand ab und fuhrt den Unrat nicht der Person uber die Nase. Besonders aber ist Seine Geschicklichkeit der linken Hand zu bewundern. Hier ist etwas fur Seine Muhe«, fuhr er fort, indem er mir einen Gulden reichte.»Nur eines merk' Er sich: da? man Leute von Stande nicht bei der Nase fa?t. Wird Er diese baurische Sitte kunftig vermeiden, so kann Er wohl noch in der Welt sein Gluck machen.»

Ich verneigte mich tief, versprach alles mogliche, bat ihn, bei allenfallsiger Ruckkehr mich wieder zu beehren, und eilte, was ich konnte, zu unseren jungen Gesellen, die mir zuletzt ziemlich Angst gemacht hatten. Denn sie verfuhrten ein solches Gelachter und ein solches Geschrei, sprangen wie toll in der Stube herum, klatschten und riefen, weckten die Schlafenden und erzahlten die Begebenheit immer mit neuem Lachen und Toben, da? ich selbst, als ich ins Zimmer trat, die Fenster vor allen Dingen zumachte und sie um Gottes willen bat, ruhig zu sein, endlich aber mitlachen mu?te uber das Aussehen einer narrischen Handlung, die ich mit so vielem Ernste durchgefuhrt hatte.

Als nach einiger Zeit sich die tobenden Wellen des Lachens einigerma?en gelegt hatten, hielt ich mich fur glucklich; die Goldstucke hatte ich in der Tasche und den wohlverdienten Gulden dazu, und ich hielt mich fur ganz wohl ausgestattet, welches mir um so erwunschter war, als die Gesellschaft beschlossen hatte, des andern Tages auseinanderzugehen. Aber uns war nicht bestimmt, mit Zucht und Ordnung zu scheiden. Die Geschichte war zu reizend, als da? man sie hatte bei sich behalten konnen, so sehr ich auch gebeten und beschworen hatte, nur bis zur Abreise des alten Herrn reinen Mund zu halten. Einer bei uns, der Fahrige genannt, hatte ein Liebesverstandnis mit der Tochter des Hauses. Sie kamen zusammen, und Gott wei?, ob er sie nicht besser zu unterhalten wu?te, genug, er erzahlt ihr den Spa?, und so wollten sie sich nun zusammen totlachen. Dabei blieb es nicht, sondern das Madchen brachte die Mare lachend weiter, und so mochte sie endlich noch kurz vor Schlafengehen an den alten Herrn gelangen.

Wir sa?en ruhiger als sonst: denn es war den Tag uber genug getobt worden, als auf einmal der kleine Kellner, der uns sehr zugetan war, hereinsprang und rief:»Rettet euch, man wird euch totschlagen!«Wir fuhren auf und wollten mehr wissen; er aber war schon zur Ture wieder hinaus. Ich sprang auf und schob den Nachtriegel vor; schon aber horten wir an der Ture pochen und schlagen, ja wir glaubten zu horen, da? sie durch eine Axt gespalten werde. Maschinenma?ig zogen wir uns ins zweite Zimmer zuruck, alle waren verstummt:»Wir sind verraten«, rief ich aus,»der Teufel hat uns bei der Nase!»

Raufbold griff nach seinem Degen, ich zeigte hier abermals meine Riesenkraft und schob ohne Beihulfe eine schwere Kommode vor die Ture, die glucklicherweise hereinwarts ging. Doch horten wir schon das Gepolter im Vorzimmer und die heftigsten Schlage an unsere Ture.

Raufbold schien entschieden, sich zu verteidigen, wiederholt aber rief ich ihm und den ubrigen zu:»Rettet euch! hier sind Schlage zu furchten nicht allein, aber Beschimpfung, das Schlimmere fur den Edelgebornen. «Das Madchen sturzte herein, dieselbe, die uns verraten hatte, nun verzweifelnd, ihren Liebhaber in Todesgefahr zu wissen.»Fort, fort!«rief sie und fa?te ihn an;»fort, fort! ich bring' euch uber Boden, Scheunen und Gange. Kommt alle, der letzte zieht die Leiter nach.»

Alles sturzte nun zur Hinterture hinaus; ich hob noch einen Koffer auf die Kiste, um die schon hereinbrechenden Fullungen der belagerten Ture zuruckzuschieben und festzuhalten. Aber meine Beharrlichkeit, mein Trutz wollte mir verderblich werden.

Als ich den ubrigen nachzueilen rannte, fand ich die Leiter schon aufgezogen und sah alle Hoffnung, mich zu retten, ganzlich versperrt. Da steh' ich nun, ich, der eigentliche Verbrecher, der ich mit heiler Haut, mit ganzen Knochen zu entrinnen schon aufgab. Und wer wei? — doch la?t mich immer dort in Gedanken stehen, da ich jetzt hier gegenwartig euch das Marchen vorerzahlen kann. Nur vernehmt noch, da? diese verwegene Suite sich in schlechte Folgen verlor.

Der alte Herr, tief gekrankt von Verhohnung ohne Rache, zog sich's zu Gemute, und man behauptet, dieses Ereignis habe seinen Tod zur Folge gehabt, wo nicht unmittelbar, doch mitwirkend. Sein Sohn, den Tatern auf die Spur zu gelangen trachtend, erfuhr unglucklicherweise die Teilnahme Raufbolds, und erst nach Jahren hieruber ganz klar, forderte er diesen heraus, und eine Wunde, ihn, den schonen Mann, entstellend, ward argerlich fur das ganze Leben. Auch seinem Gegner verdarb dieser Handel einige schone Jahre, durch zufallig sich anschlie?ende Ereignisse.

Da nun jede Fabel eigentlich etwas lehren soll, so ist euch allen, wohin die gegenwartige gemeint sei, wohl uberklar und deutlich.


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