Strandwolfe: Richard Bolithos gefahrvoller Heimaturlaub - Kent Alexander (книга читать онлайн бесплатно без регистрации .TXT) 📗
Er horte sich selbst sagen:»Dann bringen wir's schnell hinter uns. Ich habe genug von diesem Ort.»
Der Schneeregen umwirbelte sie in dichten Flocken wie zur Begru?ung, und als Bolitho noch einmal zuruckblickte, war die Hutte bereits in dem wei?en Gestober verschwunden.»Hier konnen wir genausogut warten wie woanders. «Pyke rieb sich die Hande und hauchte sie an. Es war das erste Zeichen von Unbehagen, das er sich anmerken lie?.
Bolitho fuhlte, wie seine Fu?e in Schneematsch und halbgefrorenem Gras einsanken, und bemuhte sich, nicht an Mrs, Tremaynes hei?e Suppe oder an ihren kostlichen Schlummerpunsch zu denken. Zwei Stunden lang hatten sie sich jetzt in der grimmigen Kalte einen Weg uber die Klippen erkampft, standig vom eisigen Wind bedroht, der sie ins Dunkel hinabschleudern wollte, und vollig auf Pykes Fuhrung angewiesen. Dieser sagte unvermittelt:»Dort unten liegt die Bucht. Nichts Besonderes, aber gut geschutzt. Ein paar gro?e Felsbrocken versperren den Zugang fur alle, bis auf die Neugierigsten. Bei Niedrigwasser ist der Strand fest und stark abfallend. «Er nickte nachdrucklich.»Dann werden sie kommen. Oder in der nachsten Nacht.»
Einer der Seeleute seufzte, und der Bootsmann knurrte bose:»Was hast du denn erwartet — 'ne warme Hangematte und ein gro?es Bier?»
Bolitho nahm sich zusammen, um nicht ebenfalls zu klagen, und setzte sich auf einen Erdhugel. Zu beiden Seiten lagerte sich die kleine Gruppe der Seeleute, sieben an der Zahl, so gut es ging. Drei weitere waren irgendwo hinter ihnen bei der Jolle. Keine gro?e Streitmacht, wenn es zum Kampf kommen sollte. Andererseits waren sie alle Berufsseeleute, hart, diszipliniert und kampfbereit.
Pyke zog eine Flasche aus der Rocktasche und reichte sie Bolitho.»Brandy. «Er schuttelte sich vor lautlosem Lachen.»Den hat Ihr Bruder vor einiger Zeit einem Schmuggler abgenommen.»
Bolitho trank einen tuchtigen Schluck aus der Flasche. Es brannte wie Feuer und verschlug ihm fast den Atem, war aber im Augenblick gerade das Richtige.
Pyke sagte:»Reichen Sie sie ruhig weiter, wir mussen hier ziemlich lange warten.»
Bolitho horte, wie die Flasche von Hand zu Hand ging und das beifallige Grunzen der Leute nach jedem Schluck. Doch alles Unbehagen war sofort vergessen, als jemand plotzlich ausrief:»Ich habe einen Schu? gehort!»
Pyke ergriff die Flasche und steckte sie wieder in seine Rocktasche.»Aye! Ein kleines Kaliber. «Besorgt starrte er in die Dunkelheit.»Kam von einem Schiff irgendwo dort drau?en. Mu? in Seenot sein.»
Bolitho frostelte es noch mehr. Diese Kuste war geradezu ubersat mit Wracks: Schiffe aus der Karibik, aus dem Mittelmeer, von uberall her. Unzahlige Seemeilen hatten sie hinter sich gebracht, und dann, auf dem letzten Teil der Reise, vor Cornwall… Felsen, die ihnen den Kiel herausrissen, von Brandung umtobte, scharfe Klippen, die auch dem ausdauerndsten Schwimmer die Rettung verwehrten.
Und jetzt, nach allem, was er gehort hatte, auch noch Strandrauber, diese Mordgesellen!
Vielleicht hatten sie sich getauscht? Aber noch wahrend er in diesem Gedanken Trost suchte, ertonte ein zweiter Knall von der offenen See her, und das Echo brach sich an den Felsen ringsum. Ein Seemann flusterte aufgeregt:»Hat sich hochstwahrscheinlich verirrt, den Lizard mit Land's End verwechselt. Ist schon ofter vorgekommen, Sir. «Pyke grunzte:»Arme Teufel.»
«Was machen wir?«Bolitho versuchte, in Pykes Gesicht zu lesen.»Wir konnen sie doch nicht ihrem Schicksal uberlassen!«»Ist noch nicht gesagt, da? sie auf Grund geraten werden, und wenn, ob sie sinken. Vielleicht setzen sie sich bei Porthieven auf oder treiben wieder frei.»
Bolitho wandte sich ab. Pyke war es wohl vollig gleichgultig, er hatte nur Interesse an seiner Aufgabe, moglichst rasch das Schmuggelgut zu finden und zu bergen.
Er malte sich das unbekannte Schiff aus. Moglicherweise hatte es Passagiere, vielleicht kannte er sogar einige von ihnen. Er stand auf.»Gehen wir auf die andere Seite der Bucht, Mr. Pyke. Wir konnen genausogut auf der Landspitze gegenuber warten. Wahrscheinlich kommt das Schiff bald in Sicht. «Pyke sprang auf.»Das ist zwecklos, sage ich Ihnen!«Er schien au?er sich vor Arger.»Was passieren soll, passiert. Der Captain hat uns klare Befehle gegeben, wir mussen ihm gehorchen!«Bolitho fuhlte, da? alle ihn ansahen.
«Robins, gehen Sie zum Boot und sagen Sie den Leuten dort, was wir vorhaben. Finden Sie hin?»
Robins hatte nur zu verneinen brauchen, Unwissenheit vorschutzen konnen, und das Ganze ware voruber gewesen, bevor es angefangen hatte. An die Namen der anderen Leute konnte er sich kaum erinnern.
Aber Robins antwortete munter:»Aye, Sir, ich finde schon den Weg. «Er zogerte.»Und dann, Sir?»
Bolitho zogerte.»Bleiben Sie dort. Wenn ihr die Avenger bei Tagesanbruch sichtet, mu?t ihr hinuberpullen und meinem — ah — dem Kommandanten melden, was wir vorhaben. «Es war geschehen. Er hatte Hughs Befehle mi?achtet, Pyke ubergangen und es auf sich genommen, nach dem Schiff in Seenot Ausschau zu halten. Sie hatten nur ihre Waffen, nicht einmal einen von Pykes Hundertfu?lern, um das Schiff in tieferes Wasser zu lotsen.
Pyke sagte verachtlich:»Folgt mir also. Aber ich mochte klarstellen: Ich bin absolut dagegen!»
Sie schlugen einen anderen schmalen Pfad ein, jeder in seine Gedanken versponnen.
Bolitho dachte an die Brigg Sandpiper, auf der er zusammen mit Dancer ein Piratenschiff gestellt hatte, das doppelt so gro? war wie sie selbst. Wieder wunschte er, da? sein Freund jetzt bei ihm ware.
Als sie gerade um einen Felsvorsprung kletterten, rief ein Seemann mit vor Erregung heiserer Stimme:»Dort, Sir, Lichter!«Bolitho starrte verblufft hinuber, obgleich er etwas Ahnliches schlie?lich erwartet hatte: zwei Laternen bewegten sich, weit voneinander entfernt, auf dem abfallenden Vorland. Die eine stand fast vollig still, die andere schaukelte langsam auf und nieder.
Pyke sagte:»Sind auf Ponys gebunden, ich kenne das. Der Kapitan da drau?en halt sie fur Ankerlichter. «Er spuckte die Worte formlich aus.»Und die Bucht fur einen sicheren
Ankerplatz.»
Bolitho sah die Szene so deutlich vor sich, als ware er selbst an Bord. Einen Augenblick vorher herrschte wohl noch Zweifel, Unsicherheit, Panik. Dann sichteten sie die beiden Ankerlichter: scheinbar Menschen, andere Schiffe, die in der Bucht sicher vor Anker lagen!
Wahrend es in Wirklichkeit nichts dort gab als Felsklippen; und die Menschen, die auf sie warteten, hielten Messer und Keulen in Handen.
Er sagte:»Wir mussen so schnell wie moglich zu diesen Lichtern! Vielleicht kommen wir noch rechtzeitig. «Pyke erwiderte:»Sie sind wohl verruckt? Dort lauert zweifellos eine ganze Armee von diesen Teufeln! Was fur Chancen hatten wir gegen sie?»
Bolitho blickte ihn an, wunderte sich selbst uber den Klang seiner Stimme. Denn er sagte vollkommen ruhig, obwohl er am ganzen Korper zitterte:»Vielleicht gar keine, Mr. Pyke. Aber wir haben keine andere Wahl!»
Als sie begannen, uber die Felsen zur Bucht hinab zu klettern, schien sogar die Nacht den Atem anzuhalten.»Wie lange bis zur Dammerung?«Pyke blickte kurz auf. »Zu lange.»
Bolitho griff nach seiner Pistole und fragte sich, ob sie trotz der Nasse funktionieren wurde. Pyke hatte seine Gedanken erraten. Denn wider besseres Wissen hatte er gehofft, da? die Morgendammerung die Avenger heranbringen wurde, um ihnen zu helfen.
Er dachte an Hugh, was der wohl an seiner Stelle getan hatte. Bestimmt hatte er einen Plan bereit gehabt. Au?erlich ruhig sagte er:»Ich brauche zwei Mann. Wir halten auf die Lichter zu. Sie, Mr. Pyke, steigen mit dem Rest der Leute auf diesen Hugel und lenken die Kerle ab. «Pyke starrte ihn an.»Sie kennen diesen Strand nicht! Da gibt's keinen Zoll Deckung. Die werden Sie niedermahen, bevor Sie zwei Schritte gemacht haben.»
Bolitho wartete, fuhlte, wie ihm das nasse Hemd an der Haut klebte. Aber in Kurze wurde er vielleicht noch viel kalter sein. Pyke spurte des anderen Verzweiflung, aber auch seine Entschlossenheit, das Unmogliche zu versuchen. Abrupt sagte er:»Babbage und Trillo sind am besten geeignet. Sie kennen diese Kuste, aber zum Sterben ist das kein Grund. «Der eine, der Babbage hie?, zog sein schweres Entermesser und fuhr mit dem Daumen prufend uber die Klinge. Der zweite, Trillo, war klein und drahtig und bevorzugte ein gefahrlich aussehendes Enterbeil.