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Der Stolz der Flotte: Flaggkapitan Bolitho vor der Barbareskenkuste - Kent Alexander (читаем книги txt) 📗

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Captain Rook holte tief Atem, und Bolitho bekam einen scharfen Brandygeruch in die Nase, als Rook leise fragte:»So wissen Sie also noch nichts? Sie hatten keinen Kontakt mit der Flotte?»

«Zum Donnerwetter«, fuhr Bolitho ihn an,»horen Sie endlich mit dem Drumherumreden auf, Mann! Ich mu? heute noch ein Schiff ausrusten, Kranke an Land bringen und noch zweihundert andere

Dinge erledigen. Sie konnen doch nicht vergessen haben, was es hei?t, ein Schiff zu kommandieren!»

Er sah, wie sich die Augen des Mannes verdunkelten, und legte ihm die Hand auf den Arm.»Das war unfair von mir. Entschuldigen Sie!«Er schamte sich seiner Ungeduld. Meine Nerven mussen wohl noch schlechter sein als ich glaubte, dachte er bitter.

Captain Rook schlug die Augen nieder. »Meuterei, Sir. «Mit seiner einen Hand knopfte er sich sorgfaltig die Uniform am Halse auf und zog einen gro?en versiegelten Umschlag hervor.

Bolitho starrte auf diese Hand, und das eine furchtbare Wort hallte wie ein Glockenton in seinem Kopf.»Meuterei «hatte Rook gesagt — aber wo? Die Festung sah aus wie sonst, die Flagge leuchtete wie buntes Metall am hohen Mast. Die Garnison konnte sowieso wenig Grund zur Meuterei haben. Dort standen hauptsachlich Freiwillige und Milizen aus dieser Gegend, die genau wu?ten, da? es ihnen hier, wo sie ihr eigen Haus und Hof verteidigten, besser ging, als wenn sie irgendwo weit weg auf einem Feldzug durch Matsch oder Sand stapfen mu?ten.

Langsam sprach Rook weiter.»Die Flotte in Spithead hat gemeutert. Vorigen Monat ging es los; die Besatzungen haben die Schiffe in ihre Gewalt gebracht und stellten Bedingungen. «Verlegen zuckte er die Achseln.»Es ist schon vorbei. Lord Howe hat mit den Anfuhrern verhandelt, und die Kanalflotte ist wieder auf See. «Er sah Bolitho bedeutsam an.»Ganz gut, da? Ihr Geschwader nichts davon wu?te. Es hatte Ihnen sonst schlimm ergehen konnen.»

Bolitho blickte an ihm vorbei und sah Keverne mit einigen anderen Offizieren, die von der gegenuberliegenden Deckseite heruberstarrten. Sicher hatten sie gemerkt, da? etwas nicht stimmte. Wenn sie die Wahrheit wu?ten. Brusk wandte er ihnen den Rucken zu.

«Ich habe schon oft gedacht, da? es auf dem einen oder anderen Schiff einmal losbrechen wurde. «Seine Stimme zitterte vor muhsam unterdrucktem Zorn.»Manche Politiker und Seeoffiziere denken, einfache Matrosen sind nicht viel besser als Ungeziefer, und dementsprechend behandelt man sie auch. «Starr sah er Rook in die Augen.»Aber da? eine ganze Flotte wie ein Mann meutert! Furchtbar!»

Rook schien sich etwas erleichtert zu fuhlen, weil er seine schlimme Nachricht losgeworden war. Oder vielleicht hatte er halb und halb erwartet, die Euryalus in den Handen von Meuterern zu finden, die haarstraubende Forderungen stellten.

«Manche Leute furchten«, sagte er,»da? das Schlimmste erst noch kommt. Auch bei der Nore [9] -Flotte hat es Unruhen gegeben; wir wissen allerdings noch nicht, in welchem Ausma?. Unter den dortigen Radelsfuhrern sollen mehrere Iren sein, und vielleicht halt die Admiralitat diese ganze Geschichte fur das Ablenkungsmanover vor einer beabsichtigten Invasion. «Er seufzte bedruckt.»Da? ich so etwas noch erleben mu?, geht uber meinen Verstand!»

Meuterei! Bolitho blickte zu dem Admiral hinuber, der dort druben im eifrigen Gesprach mit seinem Sekretar stand. Das ware ein schlimmes Ende fur seine Karriere. Bolitho wu?te aus eigener boser Erfahrung, wieviel hitzige, sinnlose Wut bei einer Meuterei stets zum Ausbruch kam. Aber bisher hatte es sich immer nur um einzelne Schiffe gehandelt, wo Lebensbedingungen oder Klima, Entbehrungen oder schiere Brutalitat des Kommandanten die Ursachen waren. Da? aber eine ganze Flotte explosionsartig gegen die Disziplin, gegen die Autoritat ihrer Offiziere und damit gegen Konig und Parlament rebellierte, war etwas vollig anderes. Dahinter mu?ten Organisation und au?erordentliche Geschicklichkeit stecken, und ein willensstarker, vorwartsdrangender Kopf mu?te an der Spitze stehen, sonst hatte ein solches Unternehmen keinerlei Aussicht auf Erfolg. Aber zweifellos hatte es Erfolg gehabt.

«Ich spreche sofort mit Sir Charles«, sagte Bolitho und nahm Rook den Umschlag aus der Hand.»Das ist eine bittere Heimkehr.»

Rook wollte zu Keverne und den anderen treten, doch Bolitho sagte scharf:»Sie werden so freundlich sein und nicht daruber sprechen, bis ich Erlaubnis gebe!»

Rook blieb stehen.

Der Admiral horte mit gesenktem Kopf schweigend zu, bis Bolitho mit seinem Bericht fertig war. Dann sagte er:»Wenn die Franzosen jetzt einen Gro?angriff unternehmen, ist England erledigt. «Er hob die Hande und lie? sie dann resigniert fallen.»Wo ist Konteradmiral Broughton? Kommt er nun doch nicht?»

Bolitho hielt das Kuvert hoch und sagte beschwichtigend:»Vielleicht steht hier drin, was wir tun sollen, Sir.»

Widerstrebende Gefuhle zerwuhlten das gefurchte Gesicht des Ad-mirals. Der Gedanke, seine Flagge endgultig streichen zu mussen, war ihm scheu?lich, aber er hatte die Tatsache akzeptiert. Das war wie seine Krankheit — nicht zu andern. Doch jetzt, da die Moglichkeit weiterzumachen auftauchte, wurde er vermutlich von gegensatzlichen Empfindungen hin und her gerissen.

«Geleiten Sie unseren Besucher nach achtern«, sagte er und versuchte, die Schultern entschlossen zu straffen.»Und dann geben Sie der Mannschaft etwas zu tun. Es ware unklug, sie merken zu lassen, da? ihre Fuhrung ratlos ist.»

Muhsam schritt er, von seinem Sekretar gefolgt, in den Schatten der Kampanje.

Als Bolitho wieder zu ihm in die gro?e Kajute trat, sa? der Admiral am Schreibtisch, als hatte er immer dort gesessen.

«Die Depesche ist von Sir Lucius Broughton«, sagte er und winkte Bolitho, Platz zu nehmen.»Die Euryalus bleibt in Falmouth und wird sein Flaggschiff, doch zur Zeit ist er in London. Anscheinend wird dort ein neues Geschwader zusammengestellt, aber zu welchem Zweck, das sagt er nicht. «Der Admiral mu?te sehr mude sein.»Sie sollen dafur sorgen, da? unsere Leute keinen Kontakt mit dem Land haben; die Verwundeten und Kranken, die an Land geschickt werden, kommen nicht wieder an Bord.«Argerlich verzog er den Mund.»Zweifellos hat man Angst, sie konnten die Leute an Bord anstecken.»

Bolitho war stehengeblieben und versuchte sich klarzumachen, was diese Worte bedeuten konnten.

Mit der gleichen ausdruckslosen Stimme fuhr der Admiral fort:»Sie werden Ihren Offizieren naturlich mitteilen, was Sie fur richtig halten; aber unter keinen Umstanden darf die Mannschaft etwas uber die Nore-Unruhen erfahren. Es ist schlimmer, als ich gefurchtet habe. «Mit einem Blick auf Bolithos grimmiges Gesicht fugte er noch hinzu:»Captain Rook wird Sie bei der Neuausrustung des Schiffes unterstutzen; er hat Anweisung, alle Lebensmittel, neue Spieren, neues Tauwerk und so weiter unverzuglich an Bord zu bringen.»

Nachdenklich erwiderte Bolitho:»Sir Lucius Broughton — ich wei? wenig von ihm. Schwierig, seine Wunsche vorauszusehen.»

Der Admiral lachelte fluchtig.»Seine Flagge wehte auf einem der Schiffe, die in Spithead gemeutert haben. Ich kann mir vorstellen, sein Hauptanliegen ist, da? ihm so etwas nicht noch einmal passiert.»

Er tastete nach seinem Taschentuch und hielt sich an der Tischkante.»Ich mu? ein Weilchen ruhen und nachdenken. Es ware besser, wenn Sie statt meiner an Land gingen. Vielleicht sehen Sie, da? es gar nicht so gefahrlich ist, wie wir denken. Aber an Ihrer Stelle wurde ich zuallererst Hauptmann Giffard informieren, damit die Seesoldaten bereit sind, falls es Arger gibt.»

Er blickte Bolitho bedeutsam in die Augen, wandte sich dann ab und sprach weiter:»Ich habe gesehen, wie Ihre Leute zu Ihnen aufblicken, Bolitho. Matrosen sind einfache Menschen und erwarten zum Lohn fur ihr schweres Leben auf See nicht viel mehr als Gerechtigkeit. Aber — «, und das Wort hing in der Luft — ,»sie sind auch nur Menschen. Und unsere erste Pflicht ist es, sie wieder unter Kontrolle zu bekommen, koste es, was es wolle.»

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9

The Nore ist eine Schiffsreede in der Themse-Mundung vor Sheerness. Von diesem Liegeplatz hat die dort stationierte Flotte ihre Bezeichnung.

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