Feind in Sicht: Kommandant Bolithos Zweikampf im Atlantik - Kent Alexander (читать книги онлайн регистрации .txt) 📗
Er traf Quince am Rand der Klippe und genau an der Stelle, wo er ihn zuruckgelassen hatte. Aufgeregt deutete er auf die Schiffe. Der nachstgelegene Zweidecker bemuhte sich vergeblich, freizukommen. Hilflos trieb er in den Wind, wurde am Heck durch die zusatzlichen Ankertaue festgehalten. Auf dem zweiten Schiff schien noch alles unverandert, doch als Bolitho das Glas vor die Augen hob, sah er eine verraterische, dunne Rauchsaule aufsteigen und den plotzlichen Ansturm von Mannern mit Eimern und Axten, als sich aus der Saule eine dicke Wolke entwickelte.
Fox war vor Freude beinahe au?er sich.»Ein Treffer!«Er drehte sich nach den jubelnden Kanonieren um.»Die nachste Kugel, Jungs!«Er rannte zu der Esse, von der Leute mit dem nachsten hei?en Gescho? auf einer primitiven eisernen Trage ihm schon entgegenkamen.
«Mr. Lang kann sich nicht mehr sehr lange halten«, sagte Bo-litho. Er bemerkte, da? Quince an seiner Seite erstarrte.»Er wird von mindestens zweihundert Mann angegriffen, und in der Stadt befinden sich vermutlich noch mehr.»
Quince blickte ihn uberrascht an.»Wieso, Sir? Wie kommt Las Mercedes zu einer so starken Garnison?»
Bolitho sah, wie sich der Rauch uber dem franzosischen Schiff verzog. Offensichtlich konnte die Besatzung mit ihren Wassereimern den drohenden Brand ersticken.
Fox schien sich der Gefahr nicht bewu?t zu sein, als er sich vergewisserte, da? der Pfropf vor der Pulverladung grundlich getrankt war, ehe er die gluhende Kugel ins Rohr schieben lie?.
«Daruber bin ich mir nicht klar, Mr. Quince«, antwortete Bolitho.»Noch nicht.»
Die Kanone stie? zuruck, und im Bruchteil einer Sekunde sah Bolitho die Kugel auf dem Scheitelpunkt ihrer Flugbahn, ehe sie auf die verankerten Schiffe hinuntersturzte. Wie ein schwarzer Fleck vor der Sonne, dachte er.
Sie traf das Schiff unmittelbar vor dem Achterdeck auf der Steuerbordseite, und ein paar Augenblick lang glaubte ein Teil der Kanoniere, sie sei danebengegangen. Doch als sich Rauch entwik-kelte und aufstieg, wu?te Bolitho, da? es ein todlicher Treffer gewesen war. Er sah die ersten zungelnden Flammen unter dem oberen Geschutzdeck, den so plotzlich aufquellenden Rauch, als ob er durch einen riesigen Blasbalg unter den zundertrockenen Planken angefacht wurde.
«Das vorderste Schiff hat jetzt Anker gelichtet, Sir. «Quince pre?te die Fauste gegeneinander, als die Gro?wanten des getroffenen Schiffs in einer hohen Flamme aufloderten und sich der mittlere Teil des Rumpfes im Augenblick zu einer schrecklichen Fackel verwandelte.
«Zielwechsel, Mr. Fox!«Bolitho drehte sich rasch um, als Car-lyon neben Quince erschien. Er hatte sich beide Knie aufgeschlagen und eine tiefe Schramme an der Stirn.
«Ich — ich bin gefallen, Sir. «Er zuckte zusammen, als hinter ihm die Kanone abgeschossen wurde.»Ich bin so schnell gelaufen, wie ich konnte…«Er brach ab. Sein Gesicht verzerrte sich erschopft und verzweifelt.
Bolitho packte ihn am Arm und schuttelte ihn.»Was ist los?»
«Mr. Lang ist getroffen worden, Sir. Unsere Leute weichen zuruck. «Er taumelte und ware gefallen, wenn Bolitho ihn nicht gehalten hatte.»Die Soldaten sind uberall auf dem Berg, Sir. Wir konnen sie nicht mehr aufhalten.»
Bolitho sah Quince an und schrie:»Richten Sie das Geschutz auf die Stra?e!«Als die Leute zogerten, fugte er scharf hinzu:»Bewegung, schnell!«Er deutete auf die Matrosen.»Setzt die Gefangenen mit ein und la?t sie die Kanonen uber die Klippe schieben. «Er blickte in Quinces grimmiges Gesicht.»Mit denen soll keiner mehr schie?en.»
Als das erste Geschutz uber die scharfe Kante rollte, fugte er hinzu:»Ich mu? zu unseren Leuten an der Stra?e zuruck. Vergewissern Sie sich, da? das letzte Geschutz geladen und gerichtet wird. «Dann rannte er davon, ehe Quince ihm weitere Fragen stellen konnte. Als er die Reihe der Felsbrocken erreichte, von der er erst vor wenigen Stunden seine Leute zum Angriff gefuhrt hatte, sah er die Matrosen zuruckweichen. Manche schossen noch auf den gegenuberliegenden Abhang, andere schleppten sich verwundet zuruck oder stutzten sich gegenseitig in dem verzweifelten Bemuhen, irgendeine Deckung zu erreichen.
«Hierher!«Bolitho winkte mit seinem Sabel.»Geht in Deckung und ladet neu!«Einer versuchte, an ihm vorbeizulaufen. Er schrie ihn an:»Hiergeblieben, oder ich bringe dich, bei Gott, selbst um!»
Allday fragte heiser:»Wo ist Mr. Pascoe?»
In diesem Augenblick erblickte Bolitho ihn. Er kam uber die Stra?e gerannt, den wankenden Lang neben sich, der einen Arm fest um die Schultern des Jungen gelegt hatte. Lang war blutbedeckt und hatte die Augen notdurftig verbunden. Weitere Schusse fegten vom Hang herunter, wo der Feind Halt gemacht hatte, um aus seiner gunstigen Position sorgfaltiger zielen zu konnen. Ein Matrose sturzte uber den Felsen zusammen, und ein anderer verschwand au?er Sicht, ohne auch nur einen Schrei auszusto?en.
Pascoe stolperte keuchend in Alldays Arme, wahrend andere den verwundeten Leutnant in den Schutz der Felsen zogen. Bolitho fragte:»Alles in Ordnung, Junge?«Er lehnte ihn an die von der Sonne erwarmten Felsen und fugte hinzu:»Das war sehr tapfer, was du da getan hast,»
Lang wimmerte:»Meine Augen! Mein Gott, ich sehe nichts mehr!»
Pascoe blickte ihn starr an:»Eine Musketenkugel traf neben seinem Gesicht einen Felsbrocken. «Er schauderte, aber blinzelte dabei nicht.»Die Splitter trafen ihn in beide Augen. «Er wandte sich heftig ab und ubergab sich.
Bolitho loste den Blick von den bebenden Schultern des Jungen und sah auf, als ein Matrose plotzlich aufsprang und zum Rand der Klippe hinaufrannte. Einen Augenblick glaubte er, der Mann ware verruckt geworden oder mache einen letzten verzweifelten Fluchtversuch. Doch als die wilden Schreie auch die anderen aufblicken lie?en, erkannte er durch den Qualm des brennenden Schiffs eine schemenhafte Form und bildete sich ein, eine Hitzewelle zu spuren, als das Krachen einer Breitseite uber das Wasser und wie eine Lawine gegen die Steilwand donnerte.
Der Matrose schwankte hin und her, die Hande wie im Gebet vor der Brust gefaltet. Wild schrie er:»Seht doch, Jungs! Es ist die alte Hermes!»
Dann sturzte er kopfuber die Klippe hinunter. Sein Todesschrei wurde von Kanonendonner ubertont, als sich die Marssegel eines weiteren Schiffs durch den Qualm schoben. Der Anblick seines eigenen Schiffes, das ihm endlich zu Hilfe kam, mu?te das Letzte gewesen sein, was der Mann gesehen hatte.
Bolitho richtete sich auf.»Zuruck, Leute«, rief er.»Wir ziehen uns auf die Landzunge zuruck. «Geschosse schwirrten um ihn herum, und noch ein paar Manner fielen, als sie geduckt uber die weite Strecke offenen Gelandes liefen.
Allday hatte Lang auf die Schultern genommen, und Bolitho sah, da? Pascoe versuchte, nicht innezuhalten, als einem Matrosen neben ihm von einer Kugel der Hinterkopf zerschmettert wurde.
Als die ersten feindlichen Soldaten die jetzt nicht mehr verteidigte Felsbarriere erreichten, hielt Fox seine Lunte sorgfaltig an das Zundloch der Kanone und sprang dann zur Seite, um zu beobachten, wie die Kugel die dichtgedrangten Manner niedermahte.
Dieser letzte Schu? und der Anblick der langsam in die Bucht einlaufenden Schiffe war fur sie genug. Der Angriff brach zusammen, und trotz der schrillen Pfiffe und gebrullten Befehle machten die Soldaten kehrt und rannten zuruck. Vermutlich wurden sie weiterrennen bis in die Stadt, weil sie befurchten mu?ten, durch ein weiteres Landekommando der eintreffenden Schiffe abgeschnitten zu werden.
Quince erschien neben Bolitho und sagte zwischen muhsamen Atemzugen:»Das war knapp, Sir.»
Bolitho antwortete ihm nicht gleich. Er beobachtete sein eigenes Schiff, die alte Hyperion, die langsam an dem nachsten Franzosen vorbeikreuzte. Pulverqualm verhullte das Bild der Vernichtung, als ihre Geschutze der Reihe nach ihre Ladungen auf den hilflosen Feind spieen. Sie war zu weit entfernt, um Einzelheiten auszumachen, aber er konnte sich Inch vorstellen, der aufmerksam den richtigen Augenblick abwartete, um uber Stag zu gehen, und Gos-sett in seiner Nahe, unerschutterlich wie eine englische Eiche. Er sah sich um. Plotzlich widerte ihn das Land an, der Anblick der Toten und der eng zusammengedrangten, verangstigten Gefangenen.