Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander (читать лучшие читаемые книги .TXT) 📗
Er rief nach Ozzard, aber an seiner Stelle kam Allday.
«Es geht los, Allday!«Seltsam, wie leicht es fiel, sich mit ihm zu verstandigen.»Wurden Sie wohl Kapitan Herrick bitten, wieder nach achtern zu kommen?»
Allday nickte mit grimmigem Gesicht.»Aye, Sir. «Er warf einen Blick auf die beiden Sabel in ihren Halterungen an der Wand.»Und ich dachte, wir wurden diesmal ungeschoren bleiben, Sir. Wir haben doch schon unseren Teil getan. «Bolitho lachelte.»Hier gibt es keine Teile.»
Dann erklarte er Herrick und Inch den wesentlichen Inhalt der Befehle. Der Platz, den sie selber beim Angriff einnehmen wurden, stand noch nicht fest. Admiral Damerum hatte das Kommando uber das die Aktion deckende Geschwader und damit die Aufgabe, Schiffe mit Nachschub zu beschutzen und das Eingreifen von franzosischen Schiffen zu verhindern, die vielleicht versuchten, den Blockadering zu durchbrechen und ihren Verbundeten zu Hilfe zu kommen. Es hatte nicht den Anschein, als kame der fur sie vorgesehenen Rolle gro?e Bedeutung zu.
Herrick sagte nach einer Pause.»Wir werden das Beste daraus machen.»
Inch war bestimmter.»Ein Jammer, da? Nelson nicht vorweg marschiert und unser Konteradmiral direkt dahinter.»
Herrick nickte ihm finster zu.»Auf dieses Worte trinke ich einen, Francis!»
Bolitho bemuhte sich, ein Lacheln zu verbergen. Inchs Vertrauen in seine Fahigkeiten war umwerfend.»Die Flotte wird sich gegen Ende des Monats vor dem Nordausgang des Ore-Sunds versammeln. «Er versuchte, nicht an Belindas Gesicht zu denken und an das, was sie durchmachen mu?te, wenn sich die Neuigkeit erst in England herumsprach. Ende des Monats hatte er gesagt. Das war in knapp zwei Wochen.»Was danach geschieht, hangt von Sir Hyde Parker ab.»
Bolitho stellte sich das enge Fahrwasser durch den Sund vor, mit der starken Batterie von Helsingor querab auf der danischen Westseite. Wenn auch die schwedischen Batterien am Ostufer das Feuer eroffneten, mu?ten sie in diesem Kreuzfeuer augenblicklich in Stucke gerissen werden.
Inch sagte:»Ich wurde gern auf mein Schiff zuruckkehren, Sir. «Er sah plotzlich beunruhigt aus.»Ich habe noch ein paar Briefe fur das Geschwader.»
Als die beiden Kommandanten gingen, horte Bolitho Herrick fragen:»Wie geht es Ihrer Frau?»
«Hannah geht es gut, danke. Wir erwarten unser erstes Kind. «Der Rest wurde durch die sich schlie?ende Tur erstickt.
Bolitho stand auf und ging ruhelos in der Kajute auf und ab. Fruher hatte sich niemand von ihnen viele Gedanken uber die nachs ten ein, zwei Tage hinaus gemacht, aber jetzt waren sowohl Herrick wie Inch verheiratet und bedachtsamer. Bolitho hielt vor den Heckfenstern an.
Unter sich spurte er, wie sich das Rudergeschirr bewegte. Offenbar drehte Herrick das Schiff, um fur die Gig der Odin Windschutz zu geben. Das war es, was eine Admiralsflagge ausmachte, und was auch fur seine Flagge am Kreuzmast galt: nicht da? er ein Geschwader ins Gefecht fuhrte oder zu irgendeiner Aufgabe, die Gehorsam und Mut verlangte. Es ging um die Menschen. Um Manner mit Familie wie Herrick und Inch, die jedesmal ihren eigenen inneren Kampf auszu-fechten hatten, wenn ein Kriegsschiff Anker auf ging. Manner, die ihre Hoffnungen und Wunsche hatten und doch keine andere Wahl, als ihrem Befehlshaber zu vertrauen.
Er erinnerte sich plotzlich ganz deutlich an Belindas Worte, als sie einander das letzte Mal umarmt hatten:»Komm' gesund zu mir zuruck, Richard. Mehr verlange ich nicht.»
Nun, diese Verantwortung trug er jetzt auch.
Er beobachtete, wie die Silhouette der Odin langer wurde, als die Fregatte wendete. Ihre Segel wirkten vor dem dusteren Hintergrund einer Wolkenbank und verzerrt durch die dicken Glasscheiben wie ein Paar Flugel.
Eine Stunde spater, als das Geschwader wieder in eng aufgeschlossener Kiellinie segelte, kam Herrick wieder zu ihm. Bolitho stand noch immer am Heckfenster, die Hande auf das Sull gestutzt, um sein schmerzendes Bein zu entlasten.
Bolitho erkannte Herricks Spiegelbild in der salzverkrusteten Glasscheibe und sagte:»Wir werden alle Kommandanten zusammenrufen, sobald wir wissen, was von uns erwartet wird. Ich mochte sie gern sehen, bevor wir ins Gefecht gehen. Machen Sie ein Signal an Loo-kout, da? sie die Relentless von ihrer Patrouille zuruckruft.»
Herrick nickte.»Gleich als erstes, bevor es zu dunkel wird. «Er bemerkte Bolithos Unsicherheit.»Werden Sie es ihm sagen, Sir?»
Bolitho brauchte nicht zu fragen, wen er meinte.»Er hat ein Recht darauf. Adam trifft keine Schuld.»
Herrick sah ihn betrubt an.»Und Sie auch nicht, Sir.»
«Vielleicht nicht. «Er drehte sich um und sah ihn direkt an.»Nun verschwinden Sie aber, und setzen Sie das Signal. Hinterher essen wir zusammen zu Abend, ja?»
Als er wieder allein war, lauschte Bolitho an seinem Tisch auf die Stimmen des Schiffes. Spieren und Rahen, Spanten und Planken flusterten miteinander in ihrer Sprache.
Dann zog er einen Bogen Papier aus der Schublade und nahm eine Feder aus dem Stander, den Tregoye, der Schiffszimmermann, ein wortkarger Landsmann aus Cornwall, ihm geschenkt hatte. Bolitho erinnerte sich, wie sie ihn umarmt hatte und wie sie — wenn sie still bei ihm sa? — die Hande im Scho? gefaltet hatte. Dann begann er zu schreiben:
>Meine liebste Belinda… <
Wenn die Kurierbrigg noch vor dem Kampf bei ihnen vorbeischor, konnte Belinda den Brief bald lesen. Zu dem Zeitpunkt mu?te fur das Geschwader aber schon alles voruber sein. Zumindest wurde sie erfahren, was er in dem Augenblick gedacht hatte, als die Benbow an der Spitze des kleinen Geschwaders der abendlichen Dammerung entgegensegelte.
Bolitho horte die gedampften Kommandos der Ehrenwache und wu?te, da? ein weiterer seiner Kommandanten zur Besprechung an Bord gekommen war. Die Besprechung mu?te kurz sein, denn angesichts so vieler Linienschiffe in ihrer Nahe, dazu zahlreicher Fregatten, Versorgungsschiffe und was sonst noch dazugehorte, konnten sie unmoglich irgendwo ankern.
Die letzte Woche war arbeitsreich, aber wenig aufregend gewesen. Nachdem sie einmal auf einen Schlachtplan festgelegt waren, so unklar er dem einfachen Matrosen oder Seesoldaten auch vorkommen mochte, machten sich die Leute doch entschlossen an die Vorbereitungen. Da galt es vor allem, durch Umstauen von Vorraten und Munition die Schiffe neu zu trimmen. Zu lange hatten sie darauf nicht mehr geachtet.
So lange Tageslicht herrschte, meldeten die Ausguckposten in den Masten immer neue Schiffe von Hyde Parkers Flotte, die sich fur den ersten gefahrvollen Vorsto? in den Sund versammelte.
Es klopfte, und Bolitho horte vor der Tur das Gescharre vieler Fu?e wie von Schauspielern, die hinter der Buhne auf ihren Auftritt warteten. Browne schaute herein und sagte:»Alle zur Stelle, Sir. «Dann fiel ihm noch ein:»Der Wind ist gleichgeblieben. Mr. Grubb meint, er wird auch kaum umspringen.»
«Lassen Sie die Herren herein. «Bolitho ging zur Tur, um jeden seiner jungen Kommandanten mit Handschlag zu begru?en: Veitch von der Lookout und Keverne von der Indomitable. Letzterer hatte sich trotz seiner neuen Wurde kaum verandert. Noch immer hatte er das zigeunerhaft gute Aussehen wie damals, als er Erster Offizier auf Bolithos Euryalus gewesen war. Inch war da und naturlich auch Neale von der Styx, dem Kapitan Peel von der Relentless auf dem Fu?e folgte. Als letzter kam, zusammen mit Herrick, Kapitan Valentine Keen von der Nicator. Mit ihm hatte Bolitho vor dem Kriege in Ostindien und spater in der Sudsee, wo er beinahe am Fieber gestorben ware, vieles gemeinsam erlebt.
Bolitho schuttelte ihm herzlich die Hand.»Wie geht's?»
Keen wu?te, da? Bolithos Frage einen Hintersinn hatte. Der vorige Kommandant der Nicator war ein Feigling und Lugner gewesen, und es wurde behauptet, da? die Kugel, die ihn im Gefecht getotet hatte, von einem seiner eigenen Leute abgefeuert worden sei. Die Nicator war damals ein Unglucksschiff gewesen, aber unter Keens Kommando hatte sie sich uberraschend schnell zum Besseren verandert.