Galeeren in der Ostsee: Konteradmiral Bolitho vor Kopenhagen - Kent Alexander (читать лучшие читаемые книги .TXT) 📗
Bolitho sah, da? die Jolle ums Heck herumkam und der Boots-steurer fragend zu den Offizieren hochschaute.
Herrick machte ein Sprachrohr mit seinen Handen und rief:»Folgen Sie dem Jungen, Winslade. So schnell Sie konnen.»
Bolitho kehrte aufs Achterdeck zuruck und wurde von Browne mit der Meldung empfangen: «Indomitable hat signalisiert, da? die Ajax versenkt wird, sobald wir aus dem Gefahrenbereich sind. Tut mir leid,
Sir.»
Loveys, der Schiffsarzt, huschte uber das Achterdeck. Sein Gesicht hob sich kalkwei? von den Kanonen und ihren Bedienungsleuten ab.
Er sagte ruhig:»Das Boot kommt zuruck, Sir. Ich nahm mir die Freiheit, ein Fernglas zu borgen. Es sind zwei Uberlebende. «Sein Ton wurde weicher.»Der eine ist Mr. Pascoe.»
Bolitho druckte seinen Arm und eilte dann an ihm vorbei an die Reling, als das Boot vorsichtig langsseit kam.
Winslade, der Bootssteurer, wartete, bis einige Matrosen das Seefallreep herunterkamen und halfen. Er meldete:»Nur die beiden, Sir. «Er schluckte mehrmals, bevor er hinzusetzte:»Ich furchte, wir haben den jungen Mr. Penels verloren, Sir. Ihn verlie?en die Krafte, bevor er das Boot erreichte.»
Bolitho kam gerade in dem Augenblick an die Fallreepspforte, als zwei schlaffe Gestalten hindurchgereicht wurden. Den ersten erkannte er nicht, einen bezopften Matrosen, dessen einer Arm so ubel verbrannt war, da? er nicht mehr mens chlich aussah.
Loveys war auf den Knien und tastete Pascoes Korper ab, wahrend seine Gehilfen hinter ihm warteten. Mit ihren gro?en Schurzen sahen sie wie Schlachter aus.
Bolitho beobachtete, wie sich der Brustkorb seines Neffen muhsam hob und senkte, wahrend ihm Seewasser unter den geschlossenen Wimpern hervorlief, als seien es Tranen. Seine Kleider waren ihm bei der Explosion vom Leibe gerissen worden, den der Arzt nun nach inneren Verletzungen abtastete.
Schlie?lich sagte Loveys:»Er ist jung und kraftig und scheint gesund. Jedenfalls ist nichts gebrochen. Er hat Gluck gehabt. «Dann wandte er sich dem Matrosen zu und sagte:»Nun lassen Sie sich mal anschauen.»
Der Matrose murmelte undeutlich:»Ich hab' nichts gehort. Plotzlich schrie der Kapt'n was von Feuer. «Er schuttelte den Kopf und zuckte zusammen, als Loveys seinen verbrannten Arm beruhrte.»Plotzlich war ich tief unter Wasser. Im Untergehen. Ich kann nicht schwimmen, wissen Sie?«Er bemerkte Bolitho und Herrick und stammelte:»Verzeihung, Sir.»
Bolitho lachelte.»Macht nichts. Was geschah dann?»
«Unser Dritter Offizier, Sir, Mr. Pascoe, war auf einmal da und zog mich auf irgendein Stuck Treibholz. Dann versuchte er das gleiche mit meinem Kumpel, dem Arthur. Aber der starb, bevor uns das Boot erreichte. Es waren nur noch Mr. Pascoe und ich, Sir. Alle anderen sind tot!»
Als der Matrose ins Schiffslazarett getragen wurde, offnete Pascoe die Augen. Uberraschenderweise lachelte er, als er mit schwacher Stimme sagte:»Ich bin doch zuruckgekommen, Onkel. «Dann verlor er wieder die Besinnung.
XVII Das Hauptziel
Bolitho sa? mit gezuckter Feder an einem kleinen Tisch in der Kajute vor seinem Bericht. Irgend jemand wurde ihn lesen, dachte er grimmig; Logbucher und schriftliche Berichte schienen immer zu uberleben, was auch geschah.
Ihm war so seltsam zumute, als ob er in einem verlassenen Haus sa?e. Das gesamte Mobiliar war in Raume unterhalb der Wasserlinie gebracht worden, und ohne da? er vom Tisch aufblickte, wu?te er, da? die Bedienungen der nachststehenden Neunpfunder den Raum mit ihm teilten. Samtliche Vorhange waren abgenommen und das Schiff vom Bug bis zum Heck in Gefechtsbereitschaft versetzt worden, wahrend es sich langsam wieder der danischen Kuste naherte.
Anders als Nelsons Flotte war Bolithos Geschwader wahrend der Nacht unterwegs gewesen. Er hatte seine kleine Streitmacht in Kolonnen geteilt, weil sie auf diese Weise mehr sahen, als wenn sie in Kiellinie gesegelt waren. Matrosen und Seesoldaten hatten im standigen Vierstundenwechsel Kriegswache geschoben und dazwischen ein paar Stunden neben ihren Kanonen ausgeruht, mit unverdunntem Rum und trockenem Hartbrot als einziger Ernahrung. Das Kombusenfeuer war aus Sicherheitsgrunden schon lange geloscht worden, denn innerhalb von Minuten mu?te jedes Schiff des Geschwaders gefechtsbereit sein.
Bolitho las noch einmal durch, was er uber Midshipman Penels, zwolf Jahre und neun Monate alt, geschrieben hatte, der am Tag zuvor in verzweifeltem Heldentum sein Leben geopfert hatte. Woran mochte der Junge zuletzt gedacht haben? An Pascoe, den er in die Affare Babbage hineingezogen hatte? Oder an seinen Admiral, der sich seiner angenommen und ihn Browne zugeteilt hatte, als alle anderen nichts mehr von ihm wissen wollten?
Bolithos sorgfaltig abgefa?ter Bericht wurde vielleicht der Mutter des Jungen helfen, wenn sie schlie?lich die Nachricht in Cornwall erhielt. Bolitho zweifelte nicht daran, da? auch Herrick es vermeiden wurde, irgend etwas von Babbage zu erwahnen, um sie damit nicht zu belasten.
Allday trat an eine der offenen Stuckpforten und lehnte sich hinaus, um aufs Wasser zu schauen, das kalt und grau im Licht des fruhen Morgens dalag. Die Nicator, der Inchs Odin dichtauf folgte, stand in zwei Kabellangen Entfernung querab und brachte etwas Leben in die trube Szene.
Er sagte:»Nicht mehr lange, Sir.»
Bolitho wartete, da? Yovell den Umschlag versiegelte, und erwiderte:»Nelsons Angriff wird in zwei Stunden beginnen, wenn alles programmgema? verlauft. «Er blickte das Deck entlang, und da es keinen Vorhang mehr gab, konnte er vom Dunkel unter der Hutte bis zum Achterdeck hindurchschauen, auf dem lebhafte Tatigkeit herrschte.
«Unser Teil der Aufgabe kann jederzeit losgehen. «Er stand auf und belastete vorsichtig sein Bein.»Holen Sie meinen Sabel, bitte.»
Wie still es im Schiff war, dachte er. Die Aufregung uber die Eroberung der Ajax war durch den Verlust von Peels Relentless und ihr schreckliches Ende durch die Entzundung ihrer Pulverkammer gedampft. Lookout hatte insgesamt zehn Uberlebende aufgefischt. Hinzu kamen Pascoe und der Seemann mit dem verbrannten Arm, die sie selber gerettet hatten. Das hie?, da? uber zweihundert Matrosen und Seesoldaten ihr Leben verloren hatten, ein viel zu hoher Preis fur diesen Erfolg.
Bolitho hatte seinen Neffen mehrmals wahrend der Nacht besucht. Jedesmal war Pascoe hellwach, entgegen Loveys Vorhaltungen, da? er schlafen und seine Krafte schonen solle. Vielleicht standen ihm die Augenblicke im Wasser noch zu lebhaft vor Augen, da? er furchtete, nie wieder aufzuwachen, wenn er einschlief, und da? sein Uberleben nur ein Teil eines Alptraumes ware.
Pascoes Bericht, so knapp er war, rundete das Bild vom Verlust der Relentless auf schreckliche Weise ab.
Besonders tragisch daran war, da? Peel eigentlich schon gesiegt hatte. Aber in letzter Verzweiflung hatte die Ajax auf ihren Gegner zugedreht, und so waren die beiden Fregatten — Bugspriet gegen Bugspriet — zusammengesto?en. Durch die Gewalt des Aufpralls war der Kreuzmast des Franzosen von oben gekommen und hatte viele Manner von den Fu?en gerissen.
Pascoe erinnerte sich dunkel, da? Peel etwas von Rauch geschrien hatte, als die Manner der Relentless sich schon mit Hurrageschrei daranmachten, den Feind zu entern.
Er selber war auf dem Achterdeck gewesen, weil der Zweite Offizier schon bei einer der ersten Breitseiten todlich getroffen worden war. Im nachsten Augenblick fuhlte er, wie er durch die Luft flog und dann ins Wasser geschleudert wurde, in das er zunachst tief eintauchte.
Pascoe hatte sich nach oben gearbeitet und war auf eines der herumtreibenden Boote zugeschwommen, als im selben Augenblick eine der Maststengen der Relentless wie die Lanze eines Riesen vom Himmel fiel und das Boot und die darin Rettung Suchenden zerschlug.